Helon Habila: Sommerlektüre und Festivaltipps

Helon Habila © Fair J. Henry
Helon Habila © Fair J. Henry

Liebes Publikum,

hallo Berlin! Wie schön im September wieder in diese aufregende Stadt zurückzukehren – und das als Curator in Residence des diesjährigen internationalen literaturfestivals berlin! Ich bin jedes Mal gerne hier, auch weil es wirklich international zugeht. Außerdem spielt mein letzter Roman »Reisen« (Ü: Susann Urban) hier, ein Buch über Ankommen und Aufbruch, über vielschichtige Charaktere und unerwartete Begegnungen. Für mich ist das Festival eine Art urbaner Mikrokosmos, der das Neue und Andere miteinbezieht.

Während ich die Tage und Wochen bis zum Start des 24. ilb zähle, nutze ich den Sommer, um mich noch intensiver mit den Autor:innen vertraut zu machen, die auf dem Festival auftreten werden. Viele ihrer Bücher sind so gut, dass ich sie ein zweites Mal lese! Besonders freue ich mich natürlich auf die Schriftsteller:innen, die Teil der von mir kuratierten Panels sein werden und die ich Ihnen hier gerne vorstellen möchte:

  • Eine Veranstaltung, der ich ganz besonders entgegenfiebere, ist das Africanfuturism-Panel »Extreme Metaphors« mit Nnedi Okorafor. Nnedi begeistert in den USA mit ihrer magisch-fantastischen Science-Fiction Millionen und ich freue mich, dass sie nun wieder nach Deutschland kommt. In einer weiteren Veranstaltung wird sie außerdem ihr neues Buch »She Who Knows« präsentieren. Am Africanfuturism-Panel nimmt auch Novuyo Rosa Tshuma teil, die über ihren zweiten Roman »Digging Stars« sprechen wird, eine Geschichte über Wissenschaft und Coming-of-Age in Simbabwe und den USA. Ebenso mit dabei ist die kenianische Schriftstellerin Okwiri Oduor, deren Debütroman »Things They Lost« die Geschichte eines jungen Mädchens erzählt, das in einem verlassenen, von Geistern besiedelten Haus inmitten eines Dorfes voll von merkwürdigen Figuren lebt – und seine Mutter sucht.

  • Auf dem James Baldwin Centenary-Panel werde ich mit den Autor:innen Logan February und Sasha Marianna Salzmann über ihr jeweiliges Baldwin-Lieblingsbuch sprechen. Ich selbst werde auf diesem Panel den Klassiker »If Beale Street Could Talk« vorstellen, in dem es um Liebe und Rassismus in den USA geht.

  • Einer der größten Namen auf dem Festival wird der Booker-Preisträger Ben Okri sein, dessen großartigem Werk die Veranstaltung »Existential Creativity« gewidmet ist, eine literarisch-musikalische Performance mit der Pianistin und Komponistin Cymin Samawatie. Hervorheben möchte ich außerdem Okris weniger bekannte Kurzgeschichtensammlungen: »Incidents at the Shrine« und »Stars of the New Curfew«.

  • Beata Umubyeyi Mairesse, eine sehr interessante literarische Stimme der Gegenwart, wird die Festival-Eröffnungsrede halten. Ihr Memoir »Le convoi« ist ein erschütterndes wie notwendiges Buch über den Völkermord in Ruanda und gehört aktuell zu den meistbesprochenen Werken Frankreichs.

  • »Brotherless Night« von der großartigen Autorin V. V. Ganeshananthan hat bereits zwei wichtige Preise gewonnen; den Women‘s Prize for Fiction und den Carol Shields Prize for Fiction. »Brotherless Night« ist ein Epos über den sri-lankischen Bürgerkrieg. Die Autorin wird ihren Roman vorstellen und zudem an der Veranstaltung »Writing in a Time of Catastrophe« gemeinsam mit Beata teilnehmen.

  • In ihrem neuesten Buch »The Middle Daughter« schreibt die nigerianisch-belgische Autorin Chika Unigwe über eine Familie, religiöse Betrüger und Migration. Aufgrund seiner einzigartigen sprachlichen Schönheit möchte ich dieses Werk wärmstens empfehlen. Die Autorin wird auf dem »Lost/Found in Translation«-Panel zu erleben sein, zusammen mit dem kongolesischen Autor Fiston Mwanza Mujila, Verfasser des preisgekrönten Romans »Tram 83«, sowie dem Verleger Mkuki Bgoya.

  • Noo Saro-Wiwas Sachbuch »Black Ghosts« ist ein sorgfältig recherchiertes und exzellent geschriebenes Werk über Afrikaner:innen in China. Die Schriftstellerin wird an unserem »The Art of Nonfiction«-Panel teilnehmen, gemeinsam mit der indisch-britischen Autorin und Journalistin Sonia Faleiro, deren investigativ-journalistisches Buch »The Good Girls« auf erschütternde Art den Mord an zwei jungen indischen Frauen untersucht.

  • Gemeinsam mit Noo und Sonia nimmt die Debütautorin Mary-Alice Daniel am Nonfiction-Panel teil. Sie ist Dichterin sowie Belletristik- und Sachbuchautorin. Ihr Memoir »A Coastline is an Immeasurable Thing« ist ein faszinierender Bericht über das Aufwachsen auf drei Kontinenten: Afrika, Europa und Amerika; geschrieben mit der Sensibilität einer Dichterin und der Fantasie einer Romanautorin.

Ich freue mich darauf, Sie bald beim Festival begrüßen zu dürfen und wünsche Ihnen einen erholsamen Sommer!

Ihr Helon Habila
(Curator in Residence des 24. internationalen literaturfestivals berlin)

Das ganze Programm des Curator in Residence finden Sie hier.