Eshkol Nevo
- Israel, USA
- Zu Gast beim ilb: 2013
Eshkol Nevo wurde 1971 in Jerusalem geboren. Er wuchs in seiner Geburtsstadt sowie in Haifa und Detroit auf. Sein Großvater war der dritte Ministerpräsident Israels Levi Eshkol. Nevo studierte Psychologie an der Universität von Tel Aviv. Zudem absolvierte er ein Studium als Werbetexter an der Tirza Granot School. Anschließend arbeitete er acht Jahre lang in der Werbebranche, bevor er mit dem Verfassen von Kurzgeschichten begann.
Die Handlung seines Romandebüts »Arba’a batim ve ga’agua« (2004; dt.»Vier Häuser und eine Sehnsucht«, 2006) setzt 1995 unmittelbar nach der Ermordung des Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin ein. Indem Nevo sich auf mehrere benachbarte Bewohner eines Vororts von Jerusalem fokussiert und sich ihrer jeweiligen Wahrnehmungen und Sehnsüchte annimmt, reflektiert er den israelisch-palästinensischen Konflikt auf individueller Ebene. Unter den Charakteren, die er zu Wort kommen lässt, ist ein Vater, dessen Sohn im Libanon ums Leben kam und der inzwischen das Haus bewohnt, in welchem ein heimkehrender palästinensischer Bauarbeiter seine Familie anzutreffen vermutet; außerdem ein junges Studentenpärchen und ein rumänischer Gastarbeiter. Ihre Schicksale verknüpft der Autor vielgestaltig und vermag so die divergierenden Anliegen, Stimmungen und Haltungen nachvollziehbar darzustellen. Die Authentizität seiner Figuren geht u. a. auf O-Töne zurück, die Nevo über zwei Jahre hinweg gesammelt hat. Nevos zweiter Roman »Mashala echat yamina« (2007; dt. »Wir haben noch das ganze Leben« , 2010) gleicht, eingebettet in eine fiktive Herausgeberschaft, die Lebensentwürfe, die vier Freunde zum Zeitpunkt der Fußball-Weltmeisterschaft 1998 schriftlich festgehalten haben, mit der Realität ihrer jeweiligen Existenz bei der nächsten Austragung des Sportereignisses ab. Zwischen den Bedingtheiten des Alltags, der Politik und der Liebesverhältnisse wirft er die Frage auf, wie viel Kontrolle wir letztlich über unser Leben haben. Auch in seinem neuesten Werk »Neuland« (2011; dt., 2013), dessen Titel auf Theodor Herzl verweist, beschäftigt er sich mit den Möglichkeiten der Selbstbestimmung. Der Zufall führt auf einer Reise in Peru zwei Menschen zusammen: Der eine ist auf der Suche nach seinem verschwundenen Vater, die andere sehnt sich nach Aufrichtigkeit und Freiheit. Nevo entwirft in diesem Generationen und Kontinente umspannenden Roman über Liebe und Verlust, Verantwortung und Versäumnis, Finden und Gefundenwerden eine Utopie des Neuanfangs und der Identitätssuche, die außerhalb Israels angesiedelt ist. Mehrere Monate recherchierte Nevo in Berlin, wo zentrale Teile des Romans spielen.
Der Autor wurde u. a. mit dem Golden Book Prize 2005 sowie dem Raymond-Wallier-Preis des Pariser Salon du Livre 2008 prämiert. Außerdem wurde Nevo 2008 mit der Aufnahme in die Israel Cultural Excellence Foundation (IcExcellence) eine der höchsten Auszeichnungen für Künstler in seinem Land zuteil. Er lehrt Kreatives Schreiben an mehreren israelischen Universitäten, darunter die renommierte Bezalel Academy of Art and Design, das Sapir College und die Open University of Israel.
Vier Häuser und eine Sehnsucht
dtv
München, 2006
[Ü: Anne Birkenhauer]
Wir haben noch das ganze Leben
dtv
München, 2010
[Ü: Markus Lemke]
Neuland
dtv
München, 2013
[Ü: Anne Birkenhauer]