Yvon Le Men
- Frankreich
- Zu Gast beim ilb: 2009
Yvon Le Men, 1953 in Tréguir geboren, schrieb schon als Jugendlicher Gedichte. Seit Erscheinen seines ersten Buches »Vie« (Ü: Leben) im Jahr 1974 widmet sich der Autor beruflich ausschließlich dem geschriebenen und gesprochenen Wort. Verwurzelt in der Bretagne und ihrer Kultur, ist er Autor eines umfangreichen lyrischen Werks (u. a. »L’échappée blanche«, 1991 (Ü: Der reine Durchblick); »Le jardin des tempêtes«, 2000 (Ü: Der Garten der Stürme).
Der Beginn seiner Karriere war von politischen Ereignissen in der Bretagne geprägt: Jahrelang engagierte er sich bei Protesten gegen ein Kernkraftwerk in Plogoff. Der Bau konnte Anfang der 1980er Jahre tatsächlich verhindert werden.
In seinem ersten Prosaband »Le petit tailleur de short« (1996; dt. »Das erste Mal ein letztes Mal«, 1999) beschreibt der Autor das Heranwachsen an der bretonischen Küste. In knappen Episoden und poetisch dichter Sprache beschwört er Erinnerungen: »Und dann war auch noch Frühling. Die Zeit der Blumenknospen und Blusenknöpfe, die sich im Kino oder im hintersten Winkel des Schulhofs manchmal öffnen lassen. Die lange Reise der Hand, bevor sie das Mieder erreicht. Ich sehe noch das Mieder mit den zarten Brüsten in der ersten Liebesbrise, die die Kleider und Wiesen durcheinanderbringt.«
Der jüngste Roman »Si tu me quittes, je m’en vais« (2009; Ü: Wenn du mich verlässt, gehe ich) erzählt die humorvoll durchwirkte Liebesgeschichte zwischen einem 25-jährigen bretonischen Dichter und einem ehemaligen belgischen Callgirl. Nach dem Abflauen der ersten Leidenschaft beginnen die Konflikte zweier Menschen aus verschiedenen Ländern.
Unter dem Titel »Vingt ans« (Ü: Zwanzig Jahre) erschienen im Mai 2009 seine frühen Gedichte aus den Jahren 1971 bis 1976. Die Verletzungen von damals schmerzten noch, so Le Men, doch wo gestern allein das Wort zählte, sei es heute auch das Schweigen. Ein Gedicht bilde eine Allianz aus beidem. Wie er auch in »Besoin de poème« (2006; Ü: Verlangen nach Lyrik) in lyrischen Bildern deutlich macht, ist Le Men überzeugt von der durchdringenden Kraft der Poesie. In diesem Buch verknüpft er eigene Werke mit denen von Autoren, die ihn geprägt haben.
In der Bretagne initiierte er mehrere internationale poetische Begegnungen und Foren. Darüber hinaus ist er als Agent der Dichtung in der ganzen Welt unterwegs. Bis vor Kurzem verfasste er für eine der meistverkauften französischen Tageszeitungen, »Ouest-France«, die wöchentliche Chronik »Le tour du monde en 80 poèmes«, (Ü: Weltreise in 80 Gedichten). Mit Musikern wie Melaine Favennec, Gérard Delahaye und Patrick Ewen nahm er Schallplatten und CDs auf. An Schulen arbeitet er mit Kindern, für die er Bücher schreibt wie »Ouvrez la porte aux loups« (1994; Ü: Öffnet den Wölfen die Türen) und »Douze mois et toi« (2005; Zwölf Monate und du).
Für sein Werk erhielt Yvon Le Men zahlreiche Preise, u. a. den Prix Georges Brassens, und wurde zum »Chevalier des Arts et des Lettres« ernannt. Seine Texte sind in viele Sprachen übersetzt. Le Men lebt in Lannion in der Bretagne.
Wibke Eden
À l’entrée du jour
Flammarion
Paris, 1984
La clef de la chapelle
est au café d’en face
Flammarion
Paris, 1997
Das erste Mal
ein letztes Mal
Joly-Weinberg Verlag
Berlin, 1999
[Ü: Aeneas Bastian ]
Le jardin des tempêtes:
choix de poèmes
1971-1996
Flammarion
Paris, 2000
Besoin de poème:
Lettre à mon père
Édition du Seuil
Paris, 2006
Douze mois et toi
Milan Eds
Toulouse, 2005