Yoel Hoffmann
- Israel
- Zu Gast beim ilb: 2002
Wenn solch gegensätzlich geladene Sprachkulturen wie das beredte Wispern kabalistischer Deutung und die fast wortlose Vermittlung des Zen-Buddismus aufeinanderstoßen, wird die gewohnte Ordnung von jenen Brüchen erschüttert, wie sie uns in Yoel Hoffmanns Prosa begegnen. Es ist den Einfällen und Gedankenblitzen zwischen den Stationen einer anfangs tragischen, später mit Leichtigkeit gezeichneten Biographie zu verdanken, dass Hoffmann seit dem späten literarischen Debüt „Katschen. And the book of Joseph“ im Jahre 1988 eine Sonderstellung in der hebräischen Avantgarde-Literatur einnimmt. 1938 in Ungarn geboren, flieht Yoel Hoffmann mit seiner Familie, als er gerade ein Jahr alt ist, vor dem Terror der Nazis nach Palästina. Dort stirbt seine Mutter. Der Junge wächst in einem Waisenhaus auf, bis sich sein Vater wieder verheiratet. Ein Gefühl tiefer Fremdheit ergreift ihn, ähnlich dem, das Jahrzehnte später die Figuren seiner Romane empfinden werden. Doch vorher verlässt er als junger Mann die gerade errungene Heimat und zieht – diesmal freiwillig – in eine neue Fremde Er geht nach Japan, wo er Religionsphilosophie studiert und zwei Jahre in einem Zen-Kloster lebt. Die Erfahrungen dieser Zeit prägen nicht nur seine Prosa und animieren ihn zu Übersetzungen japanischer Lyrik. Ebenso maßgeblich charakterisieren sie seine Lehrtätigkeit an der Universität Haifa, wo er sich als Professor für Philosophie und ostasiatische Religionswissenschaften für einen Dialog von westlichem und asiatischem Denken einsetzt. Und auch von hier fließen die Themen in seine Literatur ein. Denn stets schimmern in seinen Texten die philosophischen Fragen nach Gewissheiten, gerechtfertigter Hoffnung und richtigem Handeln durch die Lakonie absurder Einfälle und skurriler Charaktere. So auch in Hoffmanns zweitem Roman „Bernhard“ (1991), in dem ein vereinsamter Einwanderer, ein deutscher Jude im britischen Palästina, um seine verstorbene Frau trauert. Er verläßt das einst gemeinsam bewohnte Haus, und wandert ziellos zwischen Kaffeehäusern, Kinos und Bekannten umher, während der Zweite Weltkrieg ausbricht. Aber stets drängen sich mitunter groteske Fragen vor die Nachrichten des Krieges und knüpfen unglaubliche Zusammenhänge zwischen den Ereignissen, die dem Protagonisten als unabänderlich erscheinen. Dabei löst Hoffmann in seinen Büchern die Erzählstruktur des Genres Roman immer weiter auf. Ist sein Debüt „Katschen and the Book of Joseph“, das die Irrwege eines russischen Juden durch Berlin beschreibt, noch ausschweifend, so besteht „Bernhard“ aus miniaturartigen „Kapiteln“. Dieses Verfahren entwickelt er in „Christus der Fische“ (1997) und dem Roman „Ha-Lev hu Katmandu“ (2000; Ü: Das Herz ist Katmandu) weiter. Yoel Hoffmann wurde u.a. mit dem „Jewish-Book-Award“ der Koret-Stiftung und dem „Bialik Preis“ der Stadt Tel Aviv ausgezeichnet und in viele Sprachen übersetzt. Er lebt heute in Galiläa.
© internationales literaturfestival berlin
Bernhard
Rowohlt
Reinbek, 1991
Übersetzung: Stefan Siebers
Das Buch von Josef
Rowohlt
Reinbek, 1993
Übersetzung: Stefan Siebers
Christus der Fische
Rowohlt
Reinbek, 1997
Übersetzung: Anne Birkenhauer
Die Kunst des letzten Augenblicks
Herder
Freiburg, 2000
Übersetzung: Bernardin Schellenberger und Munish B. Schiekel
The Heart is Katmandu
New Directions
New York, 2001
Übersetzung: Peter Cole
Efrayim
Keter
Jerusalem, 2003
Übersetzer: Anne Birkenhauer, Margret Meilwes, Bernardin Schellenberger, Munish B. Schiekel, Stefan Siebers, Alan Treister