Wolfgang Kubin
- Deutschland
- Zu Gast beim ilb: 2004, 2011, 2019
Der Sinologe, Lyriker und Essayist Wolfgang Kubin wurde 1945 in Celle geboren. Nach dem Abitur auf dem altsprachlichen Zweig des Gymnasiums Dionysianum in Rheine 1966 studierte er in Münster, Wien und Bochum anfangs evangelische Theologie und später Japanologie, Germanistik, Philosophie und Sinologie. Er promovierte mit einer Arbeit über den chinesischen Dichter Tu Mu und beschäftigte sich 1974/1975 am Sprachinstitut in Peking mit der chinesischen Hochsprache. Danach war er 1977 bis 1985 an der Freien Universität Berlin Assistent für moderne chinesische Sprache und Literatur und habilitierte sich 1981 über die Entwicklung der Naturanschauung in der klassischen chinesischen Literatur. Ab 1985 lehrte Kubin Chinesisch am Seminar für Orientalische Sprachen an der Universität in Bonn, wo er seit 1995 Professor für Sinologie ist.
Kubin wurde als Übersetzer moderner chinesischer Lyrik und Prosa bekannt, zum Beispiel übersetzte er die Erzählungen und Essays von Lu Xun für eine sechsbändige Ausgabe. Die auf zehn Bände angelegte »Geschichte der chinesischen Literatur im 20. Jahrhundert«, an der Kubin als Herausgeber und Autor maßgeblich beteiligt ist, gilt als wissenschaftliches Standardwerk der Sinologie. Seine eigenen Gedichte publizierte er erstmals 2000 unter dem Titel »Das neue Lied von der alten Verzweiflung«. 2002 erschien »Narrentürme« und 2004 der dritte Lyrikband »Schattentänzer«. Es handelt sich hierbei um philosophische, politische Gedichte, die von Orten handeln, an denen Kubin gelebt hat und lebt. 2006 erschien sein Erzählungsband »Halbzeit einer Liebe«. Auch hier werden verschiedene Städte und Orte zum Hintergrund der Handlung: eine deutsche Kleinstadt der 1950er Jahre, Wien 1968, Peking zur Zeit der Kulturrevolution sowie Hongkong und Macao am Ende des Jahrhunderts. Kubins Essayband »Unterm Schnurbaum. Deutsch-chinesische Wahlverwandtschaften« (2009) ist wiederum China gewidmet. Es sind rätselhafte Geschichten und eindrückliche Bilder, mit denen er die Veränderungen seit den 1990er Jahren beschreibt. Geografische Schwerpunkte sind Peking, Hongkong und Macao und Kubin macht mit seinen Essays deutlich, warum man auf Reisen geht: »Würde ein Chinese um eines Schnurbaums willen nach Bonn reisen? Würden wir uns in Peking auf die Suche nach einer deutschen Eiche begeben? Wir möchten vielmehr in der Fremde das Fremde finden, sonst könnten wir ja daheim bleiben.«
Seit 1989 ist er Herausgeber der wissenschaftlichen Zeitschriften »ORIENTIERUNGEN: Zeitschrift zur Kultur Asiens« und »minima sinica: Zeitschrift zum chinesischen Geist«. 2007 wurde Wolfgang Kubin für seine Verdienste um die chinesische Literatur mit dem Staatspreis der Volksrepublik China geehrt. Im selben Jahr erhielt er in Peking den »Pamir International Poetry Price« für seine Übersetzungen chinesischer Lyrik. Er lebt in Bonn und Wien.
© internationales literaturfestival berlin
Lu Xun, Werkausgabe in 6 Bänden
[Hrsg. Wolfgang Kubin]
Unionsverlag
Zürich, 1994
[Ü: Raoul David Findeisen]
Geschichte der chinesischen Literatur
bisher 7 Bd.
[Hrsg. Wolfgang Kubin]
Saur
München, 2002 ff.
Schattentänzer. Gedichte
Weidle
Bonn, 2004
Halbzeit einer Liebe. Eine Erzählung
Edition Milo, Bd. 4
Lehner
Wien, 2006
Unterm Schnurbaum. Essays
Weidle
Bonn, 2009