Wells Tower
- Kanada, USA
- Zu Gast beim ilb: 2016
Wells Tower wurde 1973 in Vancouver, Kanada, geboren und wuchs in North Carolina, USA, auf. Er studierte Anthropologie und Soziologie an der Wesleyan University sowie Kreatives Schreiben an der Columbia University. Anschließend reiste Tower lange innerhalb der USA umher und hielt sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. Eine Zeit, die er als Recherche für seine Reportagen und Kurzgeschichten verbucht.
Seine Karriere als Autor habe begonnen, so Tower, als er einen Redakteur der »Washington Post« überreden konnte, ihn zu beauftragen, einen Text über das Leben im Schaustellergewerbe zu schreiben, wofür er eine Zeit lang für den Betreiber eines Fahrgeschäfts arbeitete. In seinen Reportagen über Fernfahrer, Pfingst-Prediger, professionelle Minigolfspieler oder Wal-Mart-Angestellte nähert er sich den Menschen und versucht, in deren Lebenswirklichkeiten einzutauchen. So entstehen Texte, die für ihre Unmittelbarkeit gelobt werden. Towers fiktionale Kurzgeschichten erschienen wie seine Reportagen in namhaften Periodika wie der »Paris Review«, »McSweeney’s« oder »The New Yorker«. 2009 publizierte Tower seine erste Kurzgeschichtensammlung »Everything Ravaged, Everything Burned« (dt. »Alles zerstört, alles verbrannt«, 2011), die von der Literaturkritik gefeiert wurde. Vielfach wurde auf legendäre amerikanische Autoren wie Ernest Hemingway, John Cheever, Raymond Carver und Richard Yates verwiesen, ohne Tower des Epigonentums zu zeihen. Seine Geschichten sind bevölkert von Menschen, die vom Leben ausgestoßen wurden, die unaufhaltsam auf Katastrophen zusteuern und – ein amerikanischer Topos – sich auch mit der Natur, der Wildnis auseinandersetzen müssen. Kennzeichnend für Towers Texte sind sein mikroskopisch genauer Blick, sein bissiger Witz und die Beiläufigkeit seiner Darstellungen, die dadurch umso größere Wucht entfalten. Gleichzeitig zeichnet ihn Empathie für seine Figuren aus. Für die seelischen Verwundungen und Demütigungen seiner Protagonisten findet Tower geradezu zärtliche und liebevolle Worte. Die Sujets, die der Autor wählt, reichen von der kunstvollen Inszenierung scheinbarer Normalität bis hin zu höchst skurrilen Settings. In der Titelerzählung etwa überfallen Wikinger eine bereits mehrfach gebrandschatzte und geplünderte Insel, in der Hoffnung, durch Blutvergießen und Kämpfe ihre Winterdepression zu besiegen. »Seine Menschen in Landschaft wirken daher auch, als habe man die Simpsons angeheuert, um für Marlboro Werbung zu machen«, hieß es in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. »Witzig, überraschend und von rauer Schönheit«, urteilte »Vanity Fair«.
Tower wurde für sein Werk mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Er war 2009 Finalist des Story Prize, und »The New Yorker« zählte ihn 2010 zu den besten zwanzig Autoren, die unter vierzig Jahre alt sind. Wells Tower lebt in Brooklyn, New York, und Chapel Hill, North Carolina.
Alles zerstört, alles verbrannt
Stories
S. Fischer
Frankfurt a. M., 2011
[Ü: Malte Krutzsch u. Britta Waldhof]