Veronika Rotfuß
Veronika Rotfuß wurde 1980 in Pforzheim geboren und lebt heute als Schauspielerin und Autorin in München. Nach einer Ausbildung zur Goldschmiedin besuchte sie eine Schauspielschule in ihrer heutigen Heimatstadt und arbeitete anschließend am Theater. 2006 gewann sie den „Hinz- und Kuntz-Schreibwettbewerb“, im Sommer 2008 erschien mit „Mücke im März“ ihr erster Roman. Eindrucksvoll erzählt die Autorin von der 15-jährigen ‚Mücke’, die mit ihren Eltern und dem kleinen Bruder Jan in Hamburg lebt und in die 9. Klasse geht. Mücke ist zum ersten Mal verliebt, in Yurik: „Ihn zu küssen ist das Beste, was es gibt. Wenn Yurik und ich in unserer perfekten Welt am Meer leben würden, müssten wir mindestens die Hälfte des Tages mit Küssen verbringen. Mindestens.“ Sie liest gerne Klassiker wie „Der Glöckner von Notre Dame“ von Hugo, das „Silmarillion“ von Tolkien oder „Speaking with the Angel“ von Hornby. Und hört Musik der norwegischen Sängerin Ane Brun. Die Glücksmomente, die Mücke erlebt, wenn sie sich mit Yurik reglos im Pool des Majestic-Hotels treiben lässt oder wenn sie mit ihrer Freundin Nora über den Dächern der Stadt sitzt und der Wind ihnen durch die Haare weht, schält Rotfuß mit großer Authentizität heraus. Doch Mückes Welt ist nicht nur eine heile Welt: Ihre Mutter ist an frühzeitiger Demenz erkrankt, ihr Vater in der Woche beruflich in Tokio unterwegs, und die familiären Strukturen drohen darüber auseinander zu brechen. Mit ihrem Leben zwischen Schule, Freundschaften, Krankheit, erster Liebe und dem Verantwortungsgefühl ihrer Mutter, aber auch ihrem traurigen, überforderten Vater gegenüber, kommt Mücke nicht immer zurecht. Was es für einen Teenager bedeutet, wenn wieder einmal das Sportzeug nicht gewaschen und nur die ungeliebte glitzerlila Turnhose im Kleiderschrank zu finden ist oder die erste Party im elterlichen Wohnzimmer zu schmeißen, all dies porträtiert die Autorin bewegend und wahrhaftig. Einfühlsam, humorvoll und mutig jongliert sie zugleich mit den zwiespältigen Gefühlen von Schuld, Ohnmacht und Wut einer jungen Heranwachsenden.
Veronika Rotfuß liebt Musik und lange Spaziergänge, in ihrer Freizeit schaut sie gerne Tierfilme und begeistert sich für Computerspiele.
© internationales literaturfestival berlin
Ich schreibe langsam.
Weder meine Auffassungsgabe, noch mein Arbeiten
ist von hoher Geschwindigkeit gezeichnet.
Nur so ist es mir möglich, etwas zu Stande zu bringen.
Hast oder Ungenauigkeit sind der Ruin meiner Versuche.
Darum mahne ich mich zur Geduld, zur Übung.
Trotzdem sind es doch zu einem viel größeren Anteil
die Familie, die Freunde, der Rest des liebenswert kruden persönlichen Umfelds,
das schlechte Tage erträglich und gute Tage unsterblich machen,
und dadurch mit den Boden für jedes Sein und Schreiben legen.
Am liebsten schreibe ich in der U-Bahn oder in Hamburg.
In Hamburg fällt mir immer auf, dass die Frauen dort allesamt groß sind.
Und findet sich von Zeit zu Zeit eine Kleine unter ihnen, fühlt sich diese in
ihrer Umgebung keineswegs beachtlich klein, sondern ebenso selbstverständlich groß,
da sie längst den Habitus großer Frauen angenommen hat;
große einladende Bewegungen, langer Nacken, direkte Sprache und in der Wahl
der Kleidung ein wenig Nachlässigkeit, was wiederum von Charaktergröße und
der Größe des Drauf-Pfeifens zeugt.
Mücke im März
Carlsen
Hamburg, 2008