Valérie Zenatti
- Frankreich, Israel
- Zu Gast beim ilb: 2009
Valérie Zenatti, 1970 in Nizza geboren, übersiedelte im Alter von 13 Jahren mit ihrer Familie nach Israel, wo sie in Beersheba in der Negev-Wüste lebte. Mit 18 Jahren leistete sie den für junge Erwachsene beiderlei Geschlechts üblichen Militärdienst ab, kehrte jedoch kurze Zeit später nach Frankreich zurück, wo sie als Au-pair-Mädchen, Verkäuferin, Journalistin und Lehrerin für Hebräisch arbeitete. Heute ist sie als freie Autorin, Drehbuchautorin sowie Übersetzerin tätig und setzt sich intensiv mit dem Werk Aharon Appelfelds auseinander.
Ihre kinder- und jugendliterarischen Texte diskutieren in starker Anlehnung an ihre eigene Biografie neben allgemeinen kindlichen sowie jugendkulturellen Erfahrungswelten vor allem leitmotivisch die Alltagswirklichkeit Jugendlicher im kulturellen, politischen sowie religiösen Spannungsfeld zwischen Gaza und Jerusalem. Ein Beispiel dafür ist ihr Jugendbuch »Quand j’étais soldate« (2002; Ü: Als ich Soldatin war), das neben der Beschreibung ihrer Zeit im Militär ein Bild des schleichenden Übergangs von der Kindheit zum Erwachsensein nachzeichnet. Es schildert den individuellen Weg der Protagonistin Valérie nach dem Examen bis zum Eintritt in die Armee hin zu militärischer Routine und Drill, fehlendem Schlaf und fehlender Privatsphäre. Voller Neugier widmet sich die junge Immigrantin ihrer Aufgabe bei der Abwehrspionage und fühlt sich erstmals zugehörig. Doch die Momente, in denen Feindbilder ebenso wie Begründungen für das eigene Vorgehen verwischen, bleiben. Gegenüber der »Times« beschreibt die Autorin ihren Ansatz für den Roman folgendermaßen: »It’s me, but it’s not me. […] It’s my history, but I wrote it like a novel. It’s not an exact memoir.« Während das Fehlen politischer Argumentation in diesem Jugendroman auffällt, spiegelt ihr zweites Jugendbuch »Une bouteille dans la mer de Gaza« (2005; dt. »Leihst du mir deinen Blick? Eine E-Mail-Freundschaft zwischen Jerusalem und Gaza«, 2008) Valérie Zenattis politische Auseinandersetzung mit den in Israel verbrachten Jugendjahren wider. Die 17-jährige Tal lebt im jüdischen Teil Jerusalems.
Nach einem Selbstmordanschlag an einem öffentlichen Ort in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft beschließt sie, der vermeintlichen Gegenseite im Gazastreifen ein Gesicht zu verleihen. Per Flaschenpost und Zufall lernt sie so den zwanzigjährigen Naïm kennen. Über E-Mail treten die beiden in einen Dialog. Es ist die erzählerische Beschreibung eines ersten Schrittes der Annäherung hin zur Überwindung anerzogener stereotyper politisch-kultureller Standpunkte.
Valérie Zenatti adaptierte zudem ihre beiden Romane »En retard pour la guerre« (2006; Ü: Zu spät für den Krieg) und »Une bouteille dans la mer de Gaza« für das Kino. Letzterer erhielt 2007 sowohl eine Nominierung für den Deutschen Jugendliteraturpreis als auch den Gustav-Heinemann-Preis. Sie lebt in Paris.
©internationales literaturfestival berlin
Une montre pour grandir
L’école des Loisirs
Paris, 1999
Quand j’étais soldate
L’école des Loisirs
Paris, 2002
Leihst du mir deinen Blick?
Eine E-Mail-Freundschaft
zwischen Jerusalem
und Gaza
Dressler
Hamburg, 2006
[Ü : Bernadette Ott]
En retard pour la guerre
Editions de l’Olivier
Paris, 2006
Vérité, vérité chérie
L’école des Loisirs
Paris, 2009