Uri Orlev
- Israel, Polen
- Zu Gast beim ilb: 2001, 2012
Uri Orlev wurde als Jerzy Henryk Orlowski 1931 als Sohn jüdischer Eltern in Warschau geboren. Sein Vater war Physiker und Reserveoffizier in der polnischen Armee. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs musste sein Vater in den Krieg ziehen, während Orlev, seine Mutter und sein junger Bruder ins Warschauer Ghetto kamen. 1943 verloren sie ihre Mutter und wurden in das Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert, wo sie 1945 befreit wurden. Inzwischen lebt Uri Orlev in Israel.
Uri Orlev hat 34 Romane für Kinder und Jugendliche geschrieben, die in 36 Sprachen übersetzt wurden. Sieben seiner Bücher thematisieren den Zweiten Weltkrieg. Uri Orlev versteht sich jedoch nicht als Chronist des Holocaust. Wichtiger für ihn ist es, seine Kindheit literarisch aufzuarbeiten: »Mit dem Erzählen über meine Kindheit ist es wie mit einem Gang über einen zugefrorenen See. Ich darf nicht zu fest auftreten, ich darf über meine Kindheit nicht als Erwachsener nachdenken, sonst breche ich ein, tauche unter und finde nicht mehr zurück«, so Orlev.
Einen Überblick über Uri Orlevs umfassendes Werk zu geben fällt bei der großen Anzahl wichtiger und vielfach ausgezeichneter Bücher schwer. In keiner Aufzählung fehlen darf sein Buch »The Lead Soldiers« (1956; dt. »Die Bleisoldaten«, 1999). Darin erzählt Uri Orlev aus Sicht der zwei Jungen Jurek und Kazik, was es bedeutet, im Warschauer Ghetto und im Konzentrationslager aufzuwachsen. »Die Bleisoldaten« ist ein lebensbejahendes Plädoyer für die Kraft von Kindern, auch unwägbarsten Situationen zu trotzen, und behutsam und mit angemessenem Humor geschrieben. »The Island on Bird Street« (1981; dt. »Die Insel in der Vogelstraße«, 1986), ebenfalls hochgelobt von der internationalen Presse, ist die Geschichte des elfjährigen Alex, der mehrere Monate in einer Ruine in einem polnischen Ghetto überlebt. Auch hier zeigt Orlev eindrucksvoll, wozu ein Kind unter besonderen Umständen fähig ist. Ganz ähnlich ist sein Buch »Run, Boy, Run« (2001; dt. »Lauf, Junge, lauf«, 2004) strukturiert. Hier gelingt es dem jungen Srulik, aus dem Warschauer Ghetto zu fliehen und sich bis zum Kriegsende, ganz auf sich allein gestellt, durchzuschlagen. In seinem jüngsten Roman »Homeward from of Steppes of the Sun« (2010; dt. »Ein Königreich für Eljuscha«, 2011) erzählt Uri Orlev die Geschichte des fünfjährigen Jungen Eljuscha, der mit seiner Mutter und seinen Geschwistern 1941 in die Kasachische Steppe flieht und dort das Paradies seiner Kindheit findet.
Uri Orlev wurde für sein literarisches Schaffen in Israel und international mit mehr als vierzig Preisen ausgezeichnet. u. a. mit den Hans-Christian-Andersen-Preis für sein Gesamtwerk (1996). Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller übersetzt Uri Orlev auch polnische Literatur ins Hebräische. Uri Orlev ist verheiratet, hat vier Kinder und lebt in Jerusalem.
© internationales literaturfestival berlin
Das strickende Mütterlein
[Ill: Ora Eytan]
Atlantis
Zürich, 1981
[Ü: Jakob Hessing]
Die Insel in der Vogelstraße
Elefanten-Press
Berlin 1986
[Ü: Beate Esther von Schwarze]
Die Bleisoldaten
Beltz & Gelberg
Weinheim, 1999
[Ü: Mirjam Pressler]
Lauf, Junge, lauf
Beltz & Gelberg
Weinheim, 2004
[Ü: Mirjam Pressler]
Ein Königreich für Eljuscha
Beltz & Gelberg
Weinheim, 2011
[Ü: Mirjam Pressler]