23. ilb 06. – 16.09.2023
Portrait Tony Birch
© Hartwig Klappert

Tony Birch

Tony Birch wuchs in Melbourne auf. In seiner Jugend von mehreren Schulen verwiesen, holte er seinen Abschluss erst spät nach. Begeistert von der Literatur, entschloss er sich zu einem Studium an der University of Melbourne, wo er nun bereits seit über zehn Jahren selbst an der School of Culture and Communication unterrichtet und Kurse in Kreativem Schreiben gibt. 2004 promovierte er in Geschichte mit der Arbeit »›Framing Fitzroy‹: Contesting and (De)Constructing Place and Identity in a Melbourne Suburb«, in welcher er sich mit der urbanen Historie des ersten Stadtteils der australischen Metropole auseinandersetzt und für die er mit dem universitären Chancellor’s Prize ausgezeichnet wurde. Zuvor absolvierte er einen Masterstudiengang in Creative Writing, den er mit seinem Text »The Witness« (1998; Ü: Der Zeuge) erfolgreich abschloss.

Birchs literarisches wie akademisches Interesse fokussiert sich auf das Genre Short Story und die Gattung der sogenannten »creative nonfiction«. Seine erste Kurzgeschichtensammlung »Shadowboxing« (2006; Ü: Schattenboxen) besteht aus zehn miteinander verwobenen Erzählungen, die um einen Jungen im Stadtviertel Fitzroy der sechziger Jahre kreisen. Birch, selbst in jungen Jahren ein guter Boxer, verarbeitet hierbei auch autobiografische Elemente, schildert tragische Konflikte innerhalb einer Familie und zeichnet ein Bild von städtischem Verfall. Sein Debüt besticht durch eine schlichte, unprätentiöse Prosa, in der er dem Reifungsprozess des Protagonisten nachspürt. In »Father’s Day« (2009; Ü: Vatertag) beleuchtet er abermals Themen wie häusliche Gewalt, Entfremdung, Kindheit und Elternschaft aus alternierenden Perspektiven. Ironischerweise stehen diese beiden Bücher inzwischen auf dem Lehrplan jener örtlichen Highschools, von denen er einst verwiesen wurde. Sein erster Roman »Blood« (2011; Ü: Blut) wurde von der Kritik begeistert aufgenommen und stand auf der Shortlist des renommierten australischen Miles Franklin Literary Award. Inspiriert von einer Radioreportage über Kinder, die nach der Inhaftierung eines Elternteils auf sich allein gestellt sind, verfasste Birch zunächst eine gleichnamige Kurzgeschichte und baute sie anschließend zu einer Odyssee zweier Geschwister durch das Outback aus. Seine jüngster Erzählband »The Promise« (2014; Ü: Das Versprechen) bezeugt abermals Birchs Gespür für die Nuancen lokaler Jargons. Die Helden der Short Storys bilden ein exzentrisches Ensemble aus Vagabunden, Kleinkriminellen, Exilanten und Trinkern, die auf unterschiedlichste Weise den Widrigkeiten des Alltags begegnen.

Birchs Kurzgeschichten erschienen in Literaturmagazinen und Anthologien wie »Overland«, »Mānoa Journal« und »The Best Australian Stories«. Zuweilen ist Birch auch als Kurator tätig, zum Beispiel für das Buch- und Ausstellungsprojekt »Reversing the Negative. A Portrait of Aboriginal Victoria« (2000). Tony Birch lebt in Melbourne.

Bibliographie

Reversing the Negative

A Portrait of Aboriginal Victoria

Green Poles Design

Richmond, 2000

Shadowboxing

Scribe

Melbourne, 2006

Father’s Day

Hunter

Melbourne, 2009

Blood

University of Queensland Press

St. Lucia, 2011

The Promise

University of Queensland Press

St. Lucia, 2014

Ghost River

University of Queensland Press

St. Lucia, 2015

The White Girl

University of Queensland Press

St. Lucia, 2019