Sudabeh Mohafez
1963 in Teheran geboren, wuchs Sudabeh Mohafez dreisprachig auf. Sie kam 1979 mit ihrer deutschen Mutter und ihrem iranischen Vater in die Bundesrepublik, studierte Musik, Anglistik und Erziehungswissenschaften und arbeitete nach ihrem Abschluss u. a. als Leiterin eines Frauenhauses. Ab 1999 erschienen erste eigene Texte von ihr in Literaturzeitschriften und Anthologien.
Mohafez’ Schreiben ist durch die Einfühlungsgabe, mit der sie Verletzungen psychischer und physischer Art nachzeichnet, und eine sehr poetische Sprache gekennzeichnet. Beides findet sich bereits in ihrem Debüt »Wüstenhimmel Sternensand« (2004), einer eindrücklichen Schilderung u. a. der 1970er Jahre in Teheran in vielen kurzen Erzählungen. Themen wie Gewalt, Würde und Autonomie, aber auch Mittäterschaft von Frauen sowie Fragilität und Ohnmacht von Kindern stehen im Vordergrund. Die Autorin verarbeitet darin ihre professionellen Erfahrungen im Umgang mit häuslicher Gewalt in Deutschland und Eindrücke vom iranischen Leben aus der Zeit vor der Revolution. Eine poetische Melange aus persisch inspirierten Arabesken und kühlerem, abstrakterem Deutsch spiegelt nicht nur den literarischen Inhalt, sondern auch Mohafez’ eigene Sprachgeschichte zwischen zwei Ländern wider: »Die Worte wuchsen hier nicht auf Stengeln, auch nicht an Bäumen, Sträuchern und Stauden. Kopf Stein Pflaster beispielsweise.« Neben dem eher experimentellen »zehn-zeilen-buch«, das in Kurzprosa die Möglichkeiten äußerst verdichteten Erzählens auslotet, erschien 2010 zuletzt ihr Roman »brennt«. Dieser handelt von einer im Musikgeschäft erfolgreichen Frau, deren Leben aus den Fugen gerät, als ihre Wohnung in Brand gesteckt wird. Behutsam erkundet die Autorin das Seelenleben der Frau, dessen zurückliegende Erschütterungen dem Schweigen anheimgegeben und von arbeitsamer Umtriebigkeit zugeschüttet wurden. »Mich interessiert das Schweigen und wie man mit Verschwiegenem lebt«, so die Autorin. Mohafez brachte ihren poetischen Sprachstil auch auf die Bühne. So verfasste sie den Text zu Nina Kurzejas Tanztheater »Aeneas’ Entscheidung« nach Henry Purcells Oper »Dido und Aeneas«, das 2009 uraufgeführt wurde. Im Februar inszenierte der Regisseur Wilfried Alt ihr Theaterstück »Zurück ist ein Ort, den es nicht gibt« in Stuttgart.
Die Autorin erhielt verschiedene literarische Auszeichnungen, darunter den Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis und eine Nominierung für den Ingeborg-Bachmann-Preis. 2007 hatte sie im Sommersemester zudem die Poetik-Dozentur der Fachhochschule Wiesbaden inne. Die Autorin lebt in Stuttgart.
Wüstenhimmel Sternenland
Arche
Hamburg, 2004
Gespräch in Meeresnähe
Arche
Hamburg, 2005
»nehmen sie mich beim wort ins kreuzverhör«
Vorlesungen der Wiesbadener Poetikdozentur
S. Fischer
Frankfurt/Main, 2010
das zehn-zeilen-buch
Edition Azur
Dresden, 2010
brennt
DuMont
Köln, 2010