Sónia Gomes
- Angola
- Zu Gast beim ilb: 2015
Sónia Gomes wurde 1977 in Luena-Moxico geboren, in einer östlichen, schwach besiedelten Provinz an der Grenze zu Sambia und der Demokratischen Republik Kongo. Moxico ist deshalb legendär, weil der Leiter der UNITÁ, Jonas Savimbi, dort seine Hauptoperationsbasis hatte und dort auch die offiziellen Verhandlungen vor dem endgültigen Frieden im Jahr 2002 stattgefunden hatten.
Politische Auseinandersetzungen stehen jedoch nicht im Mittelpunkt der Literatur von Gomes. Sie spricht eher über die »Kinder des Krieges« (»Filhos da guerra«), wie eine ihrer Erzählungen heißt. Hier sind zwei Frauen– Mutter und Tochter– in ein anderes Viertel der Stadt Luene umgezogen, weil sie in ihrem vorherigen als Sympathisanten der FAPLA bekannt waren, der Regierungsarmee, die Savimbis Soldaten bekämpfte. Jetzt aber, als Fremde in einer völlig neuen Umgebung während des Bürgerkriegs, ist die Situation für sie gefährlich. Unglaubliche Gerüchte machen die Runde: die sehr korpulente Mutter esse Kinder, sie fliege nachts auf einem Besenstiel in andere Länder, die Tochter hure mit dem Mann einer anderen Frau usw. Es kommt so weit, dass die Nachbarschaft die Tochter angreift und das Haus zerstört. In ihrem ersten Roman »A filha do general« (2010; Ü: Die Tochter des Generals) schreibt Gomes über Konflikte in Familien, unter Geliebten oder Freunden, wobei sie die feinen Unterschiede zwischen Arm und Reich, Jung und Alt, Geliebter und Ehefrau anspricht. Der Titel des Romans, der auf die Familie eines Generals verweist, ist für Angolaner allein schon vielsagend. Die Kriegsgeneräle müssen in Friedenszeiten natürlich für ihre Dienste belohnt werden und sind oft in repräsentativen Funktionen zu finden und nicht selten wohlhabend. Die Tochter des Generals wächst dementsprechend wohlbehütet auf, aber sie ist überraschenderweise nicht nur als reiche Immobilienunternehmerin selbstständig, sondern auch recht korpulent, und das in einem Land, in dem das Ideal der Schönheitsköniginnen hochgehalten wird. Die Konflikte, die daraus entstehen, sind Gegenstand des Buches und werden offen angesprochen.
Neben dem weiblichen Geschlecht, das stets zentral für ihre Literatur ist, legt Gomes einen Schwerpunkt auf Themen wie Aids, Verhütung, Abtreibung und häusliche Gewalt. Auch Krankheiten spielen eine wichtige Rolle, was auf ihren Beruf als Krankenpflegerin zurückzuführen ist. Sie hat sich mit vielen körperlichen Hinfälligkeiten und Versehrtheiten vertraut gemacht in einem Land, in dem sie in den ersten 25 Jahren ihres Lebens nur Krieg erlebte. Diesen Themen und Motiven verdankt sie eine große Beliebtheit vor allem bei jungen Leserinnen und Lesern in Angola.
A filha do general
União dos Escritores Angolanos
Luanda, 2010
A mulata e o velho Sujo
União dos Escritores Angolanos
Luanda, 2012
Chape, Chape, Chape
União dos Escritores Angolanos
Luanda, 2013
Die Tochter des Generals
Erstes Kapitel
In: Mögen Pitangas wachsen
[Hg. Ineke Phaf-Rheinberger]
Poetenladen
Leipzig, 2014