Sofia Andruchowytsch
- Ukraine
- Zu Gast beim ilb: 2024
Sofia Andruchowytsch wurde 1982 im westukrainischen Iwano-Frankiwsk geboren. Sie ist Schriftstellerin, Publizistin sowie Literaturübersetzerin. Seit 2002 veröffentlicht sie Prosawerke und wurde seitdem mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt 2024 mit dem Internationalen Hermann-Hesse-Preis für ihr »Amodoka«-Epos (gemeinsam mit ihren Übersetzer*innen Alexander Kratochvil und Maria Weissenböck).
Der Durchbruch gelang ihr mit » Фелікс Австрія« (2014; dt. »Der Papierjunge«, 2016). Der Roman, der vor dem Panorama einer k. u. k. Kleinstadt in Westgalizien um 1900 spielt, speist sich aus Fantastik und Realismus gleichermaßen und erzählt von der schmerzlichen Symbiose zweier Frauen, die aus schicksalhaften Gründen zusammen großgeworden sind, ohne Geschwister zu sein. In dieses ungleiche Verhältnis tritt – neben vielen anderen, fein gezeichneten Nebenfiguren – der titelgebende Felix, ein mythisch anmutender Schlangenmensch, der sich in jede Nische zwängen kann, und bald für große Unordnung sorgt. »Der Papierjunge« ist ein Roman über das Ineinander von Individuum und Epoche sowie ein Drama über die Subjektwerdung sowohl einzelner Menschen als auch ganzer Volksgruppen vor dem Hintergrund einer zu Ende gehenden imperialen Ordnung.
Andruchowytschs mehr als 1.000-seitiges »Amadoka«-Epos (2020; dt. »Die Geschichte von Romana«, 2023; »Die Geschichte von Uljana«, 2023; »Die Geschichte von Sofia«, 2024), benannt nach einem See, den es den Kartografen des 15. und 16. Jahrhunderts zufolge auf dem Gebiet der heutigen Westukraine gegeben haben soll, erzählt vom Hineinwirken der Vergangenheit in die Gegenwart. Die Autorin widmet sich der ukrainischen Vergangenheit anhand dreier Frauenbiografien, in denen Täter- und Opferrollen verschwimmen. Gekonnt verschränkt sie den Krieg in der Ostukraine mit Repressionen unter Stalin, beleuchtet das jüdisch-ukrainische Verhältnis und den Holocaust unter der Besatzung der Deutschen. »Wenn je ein Roman eine Form und einen Ton gefunden hat für die Geschichte der Ukraine in all ihrem Leid und mit all ihren Abgründen, dann ist es dieses schwindelerregende Epos.« (»Süddeutsche Zeitung«)
Sofia Andruchowytsch ist die Tochter des Schriftstellers Jury Andruchowytsch lebt mit ihrer Tochter und ihrem Mann in Kyjiw.
Der Papierjunge
Residenz Verlag
Salzburg, 2016
[Ü: Maria Weissenböck]
Die Geschichte von Romana
Residenz Verlag
Salzburg, 2023
[Ü: Alexander Kratochvil und Maria Weissenböck]
Die Geschichte von Uljana
Residenz Verlag
Salzburg, 2023
[Ü: Alexander Kratochvil und Maria Weissenböck]
Die Geschichte von Sofia
Residenz Verlag
Salzburg, 2024
[Ü: Alexander Kratochvil und Maria Weissenböck]