Samitha Arni
- Indien
- Zu Gast beim ilb: 2003
Samhita Arni wurde 1984 in Madras, Indien, geboren und wuchs als Tochter eines Diplomaten in Indien, Indonesien, Pakistan und Thailand auf. Dauerhafte Freundschaften zu schließen, war für die heranwachsende Autorin nicht nur wegen des stetigen Reisens ihrer Familie schwierig. Die angespannten politischen Verhältnisse zwischen Indien und Pakistan bestimmten ihren Aufenthalt in Karachi, Pakistan, und machten einen unbeschwerten Umgang mit Klassenkameraden beinahe unmöglich. Zurückweisung und Feindseligkeit prägten ihren Lebensalltag als Inderin in Pakistan. Anstatt sich mit anderen Kindern zu treffen, begann Samhita Arni griechische Mythen und abendländische Märchen, vor allem aber die zahllosen Versionen der beiden indischen Nationalepen zu lesen. Fast jedes Kind in Indien kennt die Geschichten des Mahâbhârata und des Ramâyâna – ob aus Nacherzählungen, Comicheften oder Verfilmungen. Das Mahâbhârata gilt als das bedeutendere, umfangreichere und ältere der beiden Epen. Es ist ein komplexes religiöses, philosophisches und zugleich literarisches Werk, das vom Streit zweier verwandter Herrschaftsfamilien erzählt, von verfeindeten Prinzen, gedemütigten Prinzessinnen und allmächtigen Göttern. Zu seinen berühmtesten Erzählungen gehört die Bhagavadgita, die schon Goethe, Nietzsche und Hesse inspirierte.
Als sie im Alter von acht Jahren nach Indien zurückkehrte, nutzte Samhita Arni die verbleibende Ferienzeit, indem sie ihre eigene Fassung des berühmten Epos schrittweise auf Zetteln, in Notizbüchern und ihrem Tagebuch aufzuzeichnen begann. Auf Anregung einer Verlegerin vervollständigte sie die Sammlung von Texten und Bildern einige Jahre später. 1996 erschien “The Mahâbhâratha. A Child’s View” in zwei Bänden – entstanden aus der Begegnung eines indischen Mädchens von heute mit einem uralten Stoff.
Für Samhita Arni “hat die wirkliche Aussage des Mahâbhârata etwas mit Krieg zu tun. Sie besagt, dass Krieg sinnlos ist.” In diesem Verständnis hat sie das Epos neu verfasst. Ihre Kürzungen und die Entscheidung, bestimmte Episoden hinzuzufügen, wurzeln in einem tiefen Gespür für die Figuren und den Gesamtzusammenhang. Dabei ergänzen sich Arnis ernste und karge Sprache und die abwechselnd schönen und grotesken Figuren auf einzigartige Weise.
1999 erschien die deutsche Übersetzung in der Kinderbuchreihe BAOBAB, wie das Original ergänzt um ein Wörterbuch und einen Stammbaum der Figuren und Gottheiten. Samhita Arnis Debut wurde bereits in mehrere Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, u. a. 1999 von der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur Volkach sowie mit dem ersten Preis der National Level Art Competition in Thailand. Im Jahr 2004 erhielt Arni für ihr Werk den italienischen Elsa-Morante-Literaturpreis. Die Autorin studiert Film- und Religionswissenschaften in Massachusetts, USA.
© internationales literaturfestival berlin
Das Mahâbhârata. Von einem Mädchen erzählt.
Nagel & Kimche
Zürich, 1999
[Ü: Heike Brandt]
The Mahabharatha: a child`s view. Vol. 2
Tara Publishing
Madras, 2004
Übersetzerin: Heike Brandt