Samanta Schweblin
Samanta Schweblin wurde 1978 in Buenos Aires geboren. Sie studierte Filmwissenschaft an der Universität von Buenos Aires und gründete anschließend eine Agentur für Webdesign.
2002 veröffentlichte sie ihre erste Kurzgeschichtensammlung »El núcleo del disturbio« (2002; Ü: Der Kern der Unruhe) und wurde dafür mit dem bedeutenden Fondo Nacional de las Artes und dem Concurso Nacional Haroldo Conti ausgezeichnet. Ein Stipendium ermöglichte es ihr, einen Teil des Jahres 2008 in Oaxaca, Mexiko, als Artist in Residence zu verbringen und sich ganz dem Schreiben zu widmen. Schweblins zweiter Erzählband »Pájaros en la boca« (2009; dt. »Die Wahrheit über die Zukunft«, 2010) brachte ihr den internationalen Durchbruch, wurde in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt und mit dem International Award Case de las Américas prämiert. Die teils zur Gattung der »flash fiction« zählenden Short Storys bestechen durch ihren lakonisch-prägnanten Stil, in dem Schweblin von latenten Bedrohungen und Abgründen im Alltäglichen erzählt. Nicht selten zeigen ihre Prosaminiaturen eine gewisse Faszination für das Morbide und Groteske. Abgesehen von Schweblins bewusst reduziertem und präzisem Vokabular liegt die Stärke jener Skizzen darin, dass sie plastisch wirken, ohne dass die eigentlich verstörenden Elemente ausformuliert sind. Gerade indem Schweblin gerne in medias res beginnt und das Ende wiederum offen lässt, potenziert sie diesen beunruhigenden Effekt. Das Feuilleton sah ihre Geschichten in einer Traditionslinie der lateinamerikanischen Erzählung zwischen Neo-Phantastik und Magischem Realismus und zog nicht selten Vergleiche zu den Größen der argentinischen Literatur, namentlich Julio Cortázar, Jorge Luis Borges oder Adolfo Bioy Casares. 2014 erschien ihr erster Roman »Distancia de rescate« (dt. »Das Gift«, 2015). In ihrem dialogreichen Text erzählt Schweblin von einer folgenreichen Begegnung zweier Frauen und deren Kinder in einem Dorf am Rande einer riesigen Sojaplantage und von einem mysteriösen Fieber, vermutlich ausgelöst von Pestiziden. Damit nimmt die Autorin Bezug auf die aktuelle Situation in Argentinien, wo Agrarkonzerne nicht nur die Landwirtschaft dominieren, sondern auch das gesellschaftliche Leben. Schweblins zweiter Roman, die Dystopie »Kentukis« (dt. »Hundert Augen«, 2020), verwebt die Lebenslinien mehrerer Figuren aus verschiedenen Kontinenten. Sie alle halten sich eine Art Hightech-Haustier, die titelgebenden Kentukis, die ihre Besitzer über ein eingebautes Kameraauge ausspionieren und die Informationen über das Internet verbreiten.
2010 wurde Schweblin vom amerikanischen Literaturjournal »Granta« in die Anthologie der besten jungen spanischsprachigen Autor*innen aufgenommen. 2015 gewann sie den IV Premio Internacional de Narrativa Breve für ihren Erzählband »Siete casas vacías« (dt. »Sieben leere Häuser«, 2018). Schweblin lebt und arbeitet in Berlin.
El núcleo del disturbio
Destino Ediciones, Planeta
Buenos Aires, 2002
Die Wahrheit über die Zukunft
Suhrkamp
Berlin, 2010
[Ü: Angelica Ammar]
Das Gift
Suhrkamp
Berlin, 2015
[Ü: Marianne Gareis]
Sieben leere Häuser
Suhrkamp
Berlin, 2018
[Ü: Marianne Gareis]
Hundert Augen
Suhrkamp
Berlin, 2020
[Ü: Marianne Gareis]