Ricardo Azevedo
Der Autor und Illustrator Ricardo Azevedo wurde 1949 in der brasilianischen Metropole São Paulo geboren und gehört zu den renommiertesten Kinder- und Jugendbuchschriftstellern seiner Heimat. Nach dem Studium der Visuellen Kommunikation arbeitete er in der Werbebranche und graduierte 1997 über volkstümliche Erzählungen in der Kinderliteratur. Im Jahr 2004 promovierte er mit einer Studie über die Texte von Sambaliedern. Sein Debüt gab Azevedo 1980 mit dem Bilderbuch »O peixe que podia cantar« (1980; Ü: Der Fisch, der singen konnte). Seither sind mehr als 100 Bilder-, Kinder- und Jugendbücher sowie Lyrikbände erschienen, die international verlegt wurden. Bereits als junger Erwachsener begann er Erzählungen und Märchen zu sammeln, und er setzt sich immer wieder mit der mündlichen Erzähltradition Brasiliens auseinander. So hat er in »Contos de Espanto e Alumbramento« (2005; Ü: Unheimliche und erleuchtende Geschichten) populäre Erzählungen modern und poetisch nacherzählt.
Im Mittelpunkt der Literatur von Ricardo Azevedo stehen die universellen Fragen und Probleme des Lebens, Träume und Ängste, Leidenschaften und Hoffnungen, die Jung und Alt gleichermaßen bewegen. Azevedo verwehrt sich gegen die Idee eines rein »kindlichen Universums«: »Es ist ein Klischee, welches das wirkliche Leben von Kindern ausblendet. Kinder und Erwachsene haben schon immer dasselbe Universum geteilt und werden es auch zukünftig tun. Diese Tatsache eröffnet einem Schriftsteller unendliche Möglichkeiten.« Azevedo gehört zu jenen Autoren, die nichts vereinfachen oder erklären, sondern die Dinge auf den Kopf stellen und ihre Gedanken frappierend unkonventionell mitteilen. »Ninguém sabe o que é um poema« (2005; Ü: Niemand weiß, was ein Gedicht ist) vereint dreißig Gedichte über das Mysterium, welches die Anderen und die Poesie für jeden Einzelnen darstellen. Sie lassen den jungen Leser nach dem Gewicht der Traurigkeit und der Grenze des Traums fragen, sprechen über Gewalt in der Sprache der Botanik oder greifen für eine Liebeserklärung auf Begriffe der Physik zurück. Mit jeder Seite überrascht der Autor, wühlt auf, bringt zum Lachen und Nachdenken. Mal verwendet er Alexandriner, mal erzählt er reimlos – stets in klarer Sprache, voller Wortspiele und mit großem Gespür für Rhythmus.
Einer seiner großen Leidenschaften, dem Fußball, hat sich Azevedo mit seinem Jugendbuch »Pobre Corinthiano Careca« (1995; dt. »Pedro träumt vom großen Spiel«, 1997) gewidmet. Inspiriert von der Begegnung mit Straßenkindern erzählt er von Pedro, der sich in Tagträumen rund um seinen Lieblingsverein Corinthians de São Paulo verliert, und dessen Leben alles andere als einfach ist. Er lebt mit seiner Mutter in ärmlichen Verhältnissen und ist unglücklich verliebt.
Als Autor der Buchreihe »Fura-Bolo« (1999ff; Ü: Zeigefinger), einer Initiative der Cargill-Stiftung, engagiert sich Azevedo dafür, Kindern einen freien Zugang zu Büchern, Geschichten und Poesie zu ermöglichen. 2004 wurden die Bücher an mehr als 60 000 Schüler in ganz Brasilien verteilt. Ricardo Azevedo ist dreifacher Preisträger des Prêmio Jabuti (1989/91/99) und wurde mit dem Prêmio Banco Noroeste (1984) sowie dem Kritikerpreis der Stadt São Paulo (1995) ausgezeichnet. Seine Illustrationen wurden u.a. in Bologna, Tokio und Bratislava ausgestellt. Azevedo lebt als freier Schriftsteller mit seiner Familie in São Paulo.
© internationales literaturfestival berlin
Dezenove poemas desengonçados
Ática
São Paulo, 1998
Lúcio vira bicho
Companhia das Letras
São Paulo, 1998
Pedro träumt vom großen Spiel
Bertelsmann
München, 1997
[Ü: Nicolai von Schweder-Schreiner]
[Ill: Silvio Neuendorf]
Um homem no sótão
Ática
São Paulo, 2001
Trezentos parafusos a menos
Companhia das Letras
São Paulo, 2001
Ninguém sabe o que é um poema
Ática
São Paulo, 2005
O peixe que podia cantar
Edições SM
São Paulo, 2005
Contos de espanto e alumbramento
Scipione
São Paulo, 2005
Aula de carnaval
Ática
São Paulo, 2006