Reinaldo Moraes
- Brasilien
- Zu Gast beim ilb: 2013
Reinaldo Moraes wurde 1950 in São Paulo geboren. Er studierte Management und arbeitet heute als Schriftsteller, Übersetzer und Drehbuchautor.
Sein literarisches Debüt datiert aus dem Jahr 1981: Sein »Tanto faz« (Ü: Egal) gilt als Klassiker der Achtziger. »Ihn heute zu entdecken ist das Gleiche wie die erste Begegnung mit Machado de Assis zu seiner Zeit«, schreibt der Dramatiker Mario Bortolotto im Nachwort zur 2003 erschienenen Ausgabe des Romans. Die Geschichte von Sex und Drogen entstand in Moraes’ »Freizeit« in Paris, wo er im Masterstudiengang Wirtschaftswissenschaft studierte. Tatsächlich konzipierte er den Roman zwischen den Seminaren, die er schwänzte, und dem Leben der Boheme, das er in Paris genoss. Der Held seiner Geschichte zieht durch genau die Stadt, in die Moraes selbst mit einem Stipendium zog. Erste Verrisse machten das Buch schnell populär, und der Verlag überlegte, ob dies seinem Image schade. Trotz folgender positiver Rezensionen gab es am Ende nur zwei Ausgaben, die heute beide vergriffen sind. Der Roman wurde verfilmt und für die Bühne adaptiert. Reinaldo Moraes’ nächstes Buch »Abacaxi« (1985; Ü: Ananas) war ein Auftragswerk. Es floppte und wurde vom Autor später als Sequenz in »Tanto faz« integriert. Der Roman erzählt von den Abenteuern des Protagonisten in New York und Rio de Janeiro. 2011 wurden beide Werke wieder aufgelegt und in einer Gesamtausgabe veröffentlicht. Erst 17 Jahre nach dem Erscheinen seiner ersten Bücher präsentierte Moraes einen neuen Roman. Zwischenzeitlich schrieb er Drehbücher, übersetzte, adaptierte, fotografierte und produzierte Videos. 2003 veröffentlichte er den Jugendroman »A órbita dos caracóis« (Ü: Das Weltall der Schnecke). 2005 erschien »Umidade. Histórias« (2005; Ü: Feuchtigkeit. Erzählungen), eine Sammlung von ursprünglich in Literaturzeitschriften publizierten spöttischen Kurzgeschichten über die Mittelschicht in São Paulo. Nach dem Kinderbuch »Barata!« (2007; Ü: Kakerlake) präsentierte Moraes 2009 »Pornopopéia« (ein Neologismus aus Porno und Epos), das es 2010 auf die Shortlist des Prêmio Portugal Telecom schaffte. Das Märchen von der Boheme spielt in der Underground-Szene São Paulos und erzählt vom traurigen Schicksal eines Drehbuchautors, der sich in Drogen und Libertinage verliert. In einem engagierten, lebendigen und humorvollen narrativen Stil löst der Autor Standardportugiesisch in einer stark mündlich geprägten Umgangssprache auf und erringt nicht zuletzt durch seinen spezifischen Stil einen Platz unter den wichtigen Vertretern zeitgenössischer brasilianischer Literatur. Moraes arbeitete fünf Jahre an diesem Opus, das von der Kritik als sein bestes Buch gefeiert wird.
Reinaldo Moraes lebt aktuell in São Paulo.
Tanto Faz
Brasiliense
São Paulo, 1981
Abacaxi
L&PM
Porto Alegre, 1985
A Órbita dos Caracóis
Companhia das Letras
São Paulo, 2003
Barata!
[Ill.: Luli Penna]
Companhia das Letrinhas
São Paulo, 2007
Pornopopéia
Objetiva
São Paulo, 2009