Raúl Rivero
- Kuba
- Zu Gast beim ilb: 2005
Der Lyriker und Journalist Raúl Rivero Castañeda wurde 1945 in der Nähe von Camagüey auf Kuba geboren. Er gehörte dort zum ersten Absolventenjahrgang der Fakultät für Journalismus. 1969 erschien sein erster Gedichtband »Papel de hombre« (Ü: Die Rolle des Menschen), für den er von der kubanischen Schriftstellervereinigung UNEAC ausgezeichnet wurde. Auch das Nachfolgewerk »Poesía sobre la tierra« (1972; Ü: Poesie über die Erde) erhielt einen Preis. Ab 1973 war er Korrespondent der offiziellen kubanischen Nachrichtenagentur in Moskau und Leiter von deren Abteilung »Kultur und Wissenschaft« in Havanna.
Rivero veröffentlichte bislang zehn Gedichtbände und wurde in acht Sprachen übersetzt. Die Gedichte in umgangssprachlichem Duktus bringen Gefühle unprätentiös zum Ausdruck. Konzise Beschreibung ist von kraftvoller Spontaneität, gelegentlich von trockener Ironie durchdrungen. Lyrik und Journalismus befruchten sich gegenseitig, wie der Autor im Vorwort seiner Gedichtauswahl »Herejías elegidas« (1989; Ü: Ausgewählte Ketzereien) bestätigt: »Der Eifer, alles in wenigen Worten zu sagen, der immer da ist, vorher und nachher, weil die Poesie und der Journalismus eine Synthese bilden. Das eine ist eine öffentliche Tatsache, das andere eine intime. Diese Berufung zur Kommunikation führt zu einer Art Messgerät der Wörter, zur Besessenheit von der Genauigkeit des Wortes.«
1991 unterschrieb Rivero den »Brief der 10«, eine öffentliche Aufforderung zur politischen Öffnung des Landes, worauf er mit einem Ausreiseverbot belegt wurde. Auch sollte keines seiner Bücher mehr in Kuba erscheinen. 1995 gründete er die unabhängige Nachrichtenagentur »Cuba Press«, deren Direktor er wurde. Zwei Jahre später wurde ihm der Preis der »Reporter ohne Grenzen« verliehen. Die einsetzenden Repressionen gegen Rivero gipfelten in seiner Verhaftung im März 2003 und der Verurteilung zu einer zwanzigjährigen Haftstrafe. Im selben Jahr erschien ein Auswahlband kurzer Prosastücke »Sin pan y sin palabras« (Ü: Ohne Brot und ohne Worte). Die journalistischen Skizzen zeichnen ein trauriges, verhalten zorniges Bild vom fortschreitenden Untergang seines Landes. So wenn Rivero in dem Stück »Bienvenido Mr. Yandy« (Ü: Willkommen Mr. Yandy) die staatlich genau regulierten Gewichtsangaben von exakt vorgegebenen Nahrungsmitteln auflistet, die einem neu geborenen Kubaner im Laufe seines Lebens zustehen werden. Oder wenn er in »Matar la palabra« (Ü: Das Wort töten) Wörter anführt, deren Bedeutungen durch den Missbrauch der offiziellen Sprache so korrumpiert worden sind, dass sie nunmehr keine Geltung haben.
Im Hochsicherheitsgefängnis von Canaleta verschlechterte sich Riveros Gesundheitszustand besorgniserregend. Für seine Freilassung setzten sich 2004 internationale Intellektuelle, darunter Václav Havel, Günter Grass und Mario Vargas Llosa, in einem offenen Brief an Spaniens Ministerpräsident Zapatero ein. Nach dessen Besuch beim Máximo Líder wurde Rivero schließlich im Dezember 2004 freigelassen. Die meisten der 75 Intellektuellen, die mit ihm verurteilt worden waren, blieben allerdings weiter in Haft.
Rivero lebt inzwischen mit seiner Familie in Madrid.
© internationales literaturfestival berlin
Poesía pública
Unión Nacional de Escritores y Artistas de Cuba
Havanna, 1983
Herejías elegidas
Betania
Barcelona, 1998
Puente de guitarra
Universidas Autónoma de Puebla
Mexiko-Stadt, 2002
Mandat de perquisition
Al Dante
Paris, 2003
Recuerdos olvidados
Hiperión
Madrid, 2003
Sin pan y sin palabras
Ediciones peninsula
Barcelona, 2003
Pruebas de contacto
Nueva Prensa Cubana
Miami, 2003
Corazón sin furia
AMG
Logroño, 2005
Übersetzer: Klaus Laabs, Peter B. Schumann