Per Olov Enquist
- Schweden
- Zu Gast beim ilb: 2013
Per Olov Enquist wurde 1934 in dem nordschwedischen Dorf Hjoggböle geboren. An der Universität Uppsala studierte er Literaturwissenschaften. Bereits während dessen war er als Literatur- und Theaterkritiker für diverse Tageszeitungen tätig. Anschließend arbeitete er zudem als Kolumnist, Moderator und Reporter.
1961 gab er sein literarisches Debüt mit dem Roman »Kristallögat« (1961; Ü: Das Kristallauge); 1964 folgte »Magnetisörens fimte vinter« (dt. »Der fünfte Winter des Magnetiseurs«; Neuausgabe 2002), ein Roman, der durch die Kompilation fiktiver Dokumente ein ambivalentes Zeitbild der Aufklärung zeichnet. Charakteristisch für Enquists Prosa ist zum einen die Verarbeitung eigener Erfahrungen, zum anderen seine Präferenz für historische und biografische Stoffe, die allerdings stets zeitlose Analogien zulassen. In dem dokumentarischen Roman »Legionärerna. En bok om baltutlämningen« (1968; dt. »Die Ausgelieferten«, 1969/2011) geht er beispielsweise dem Schicksal an die Sowjetunion ausgelieferter Soldaten, der sogenannten Baltenauslieferung, nach. Der Bericht »Die Kathedrale von München« (1972) reflektiert wiederum unmittelbar die Geiselnahme bei den Olympischen Sommerspielen in München, deren Zeuge er als Korrespondent wurde. In den Siebzigern führten ihn Studienaufenthalte und eine Gastprofessur nach West-Berlin und Los Angeles. 1975 schrieb er sein erstes, vielfach übersetztes und aufgeführtes Bühnenstück »Tribdernas natt« (Ü: Die Nacht der Tribaden) über August Strindberg, dem er 1984 zudem eine Biografie widmete (dt. Neuausgabe 2012). Abgesehen von einem zweijährigen Aufenthalt in Paris, wo er u. a. an seinem gefeierten Roman »Kapten Nemos bibliotek« (1991; dt. »Kapitän Nemos Bibliothek«, 1994) arbeitete, lebte er bis Anfang der Neunziger in Dänemark. Internationale Aufmerksamkeit erregte er mit »Livläkarens besök« (1999; dt. »Der Besuch des Leibarztes«, 2001), der durch seinen souveränen, vielstimmigen Stil und die hochgradig imaginative und lyrische Ausleuchtung historiografischer Defizite besticht. 2008 publizierte er seine romaneske, in der dritten Person abgefasste Autobiografie »Ett annat liv« (2008; »Ein anderes Leben«, 2009). In seinem jüngsten Werk »Liknelseboken: en kärlekshistoria« (2013; dt »Das Buch der Gleichnisse. Ein Liebesroman«, 2013) geben verloren geglaubte Gedichte dem Erzähler den Anstoß, über seine amouröse Vergangenheit wie auch die verschiedenen Manifestationen der Liebe zu reflektieren.
Enquist wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Literaturpreis des Nordischen Rates (1969), dem Doblougpreis (1988), dem Selma-Lagerlöf-Preis (1997), dem Deutschen Bücherpreis (2002), dem Nelly-Sachs-Preis (2003) sowie dem Österreichischem Staatspreis für Europäische Literatur (2009). Für »Ein anderes Leben« wurde er 2008 mit dem renommiertesten schwedischen Literaturpreis, dem August-Preis, geehrt. Enquist lebt in Stockholm.
Der Besuch des Leibarztes
Hanser
München, 2001
[Ü: Wolfgang Butt]
Das Buch von Blanche und Marie
Hanser
München, 2005
[Ü: Wolfgang Butt]
Ein anderes Leben
Hanser
München, 2009
[Ü: Wolfgang Butt]
Die Ausgelieferten
Neuausgabe
Hanser
München, 2011
[Ü: Hans-Joachim Maass]
Das Buch der Gleichnisse
Ein Liebesroman
Hanser
Münchner, 2013
[Ü: Wolfgang Butt]