23. ilb 06. – 16.09.2023
Portrait Paul Muldoon
© Hartwig Klappert

Paul Muldoon

Der Lyriker Paul Muldoon wurde 1951 in Portadown, im nordirischen County Armagh, geboren und wuchs in der ländlichen Gegend von the Moy auf. Er studierte Anglistik an der Queen’s University in Belfast, wo er für die BBC arbeitete und vor allem Radiosendungen, später auch Fernsehsendungen, pr oduzierte. Bereits seit seinem frühen Gedichtband »New Weather« (1973; Ü: Neues Wetter) gilt er als Lyriker von Rang und wird immer wieder mit Nobel pr eisträger Seamus Heaney verglichen, dessen Student er war. Nach einem Aufenthalt als Writer in Residency an der Universität von Cambridge zog Muldoon 1987 in die USA, wo er seitdem lebt und an der Columbia University und in Princeton unterrichtete. 1999-2004 war er zudem Professor of Poetry an der University of Oxford. Seine dort gehaltenen Vorlesungen über Dichtkunst erschienen unter dem mehrdeutigen Titel »The End of the Poem« (2006; Ü: Das Ende/der Zweck des Gedichts). Die luziden, spielerischen und horizonterweiternden Analysen von Gedichten aus den letzten zwei Jahrhunderten können einen Eindruck von Muldoons eigener ästhetischer Produktionsweise vermitteln. In der Manier des close reading löst der Autor einzelne Fäden aus dem Textgewebe und folgt ihnen in die verschiedenen s pr achlichen, literarischen, geschichtlichen und theoretischen Kontexte, in die sie verweisen. Bedeutungsvielfalt, Klänge und Anklänge, etymologische Wurzeln und Wortspiele werden zu Mitteln, anhand derer die Macht der S pr ache jenseits ihrer Funktionalität sichtbar wird. »Wir können S pr ache als Werkzeug benutzen oder von ihr selbst benutzt werden. Das ist, glaube ich, der Unterschied. Aber auch, wenn man die S pr ache als Werkzeug benutzt, wird man von ihr – wie wohl jeder erfahren hat – doch gleichzeitig selbst benutzt.«

Zu Muldoons pr ägenden Einflüssen zählen modernistische Vorläufer wie T.S. Eliot und Robert Frost, aber auch die »metaphysischen Dichter«, insbesondere John Donne. Deren Stilmittel greift Muldoon mit ebensolcher brillanten Leichtigkeit auf, wie er sich traditioneller Gedichtformen wie z.B. des Sonetts bedient. Immer wieder veröffentlichte er Langgedichte, darunter auch »Madoc: A Mystery« (1990), das als sein Meisterwerk gilt. Es stellt den Plan von Samuel Taylor Coleridge und Robert Southey, die in Amerika eine utopische Gemeinde zu gründen erwogen, als tatsächliches historisches Experiment dar. Jüngst erschien der Gedichtband »Horse Latitudes« (2006; Ü: Rossbreiten) als letzter von inzwischen knapp dreißig Lyrikbänden. Muldoon veröffentlichte ebenfalls wissenschaftliche Aufsätze, Kinderbücher, Dramen, Opernlibretti, und er trat als Herausgeber von Anthologien und als Übersetzer (u.a. von Nuala Ni Dhomhnaill und Aristophanes) hervor.
Muldoon ist Fellow der Royal Society of Literature und der American Academy of Arts and Sciences. Zu seinen Auszeichnungen zählen der T.S. Eliot Prize, ein American Academy of Arts and Letters Award, der Irish Times Poetry Prize, der Pulitzer Prize, der Griffin International Prize, der American Ireland Fund Literary Award und der Shakespeare Prize. Er unterrichtet derzeit an der Universität von Princeton und lebt mit seiner Familie in New Jersey.

© internationales literaturfestival berlin

Bibliographie

Knowing My Place
Ulsterman Publications
Belfast, 197

New Weather
Faber
London, 1973

Spirit of Dawn
Ulsterman Publications
Belfast, 1975

Mules
Faber
London, 1977

Names and Addresses
Ulsterman Publications
Belfast, 1978

The Scrake of Dawn
Blackstaff Press
Belfast, 1979

Immram
Gallery Press
Dublin, 1980

Why Brownlee Left
Faber
London, 1980

The O-O’s Party
Gallery Press
Dublin, 1981

Out of Siberia
Gallery Press
Dublin, 1982

Quoof
Faber
London, 1983

The Wishbone
Gallery Press
Dublin, 1984

The Faber Book of Contemporary Irish poetry [Hg.]
Faber
London, 1986

Meeting the British
Faber
London, 1987

The Essential Byron [Hg.]
Ecco Press
New York, 1989

Madoc: A Mystery
Faber
London, 1990

Shining Brow
Faber
London, 1993

The annals of Chile
Faber
London, 1994

Incantata
Graphic Studio
Dublin, 1994

The Prince of the Quotidian
Gallery Press
Dublin, 1994

The Last Thesaurus
Faber
London, 1995

Six Honest Serving Men
Gallery Press
Dublin, 1995

Kerry Slides
Gallery Press
Dublin, 1996

The Faber book of beasts [Hg.]
Faber
London, 1997

Hopewell Haiku
Warwick Press
Easthampton, 1997

The Noctuary of Narcissus Batt
Faber
London, 1997

Auf schmalen Pfaden durch den tiefen Norden
Hanser
München,1998
[Ü: Margitt Lehbert und Hans-Christian Oeser]

The bangle
The Typography Studio
Princeton, 1998

Hay
Farrar, Straus and Giroux
New York, 1998

Bandanna
Faber
London, 1999

Poems 1968-1998
Faber
London, 2001

Vera of Las Vegas
Gallery Press
Dublin, 2001

To Ireland, I
Oxford University Press
Oxford, 2000

Moy Sand and Gravel
Faber
London, 2002

Unapproved Road
Pied Oxen
Hopewell, 2002

Reverse Flannery
Random House
New York, 2003

Medley for Morin Khur
Enitharmon Press
London, 2005

Sixty Instant Messages to Tom Moore
Modern Haiku Press
Lincoln, 2005

The End of the Poem
Farrar, Straus and Giroux
New York, 2006

General admission
Gallery Books
Oldcastle, 2006

Horse Latitudes
Faber
London, 2006

Übersetzer: Margitt Lehbert, Hans-Christian Oeser