Paul Harding
- USA
- Zu Gast beim ilb: 2011
Paul Harding wurde 1967 in der Nähe von Boston geboren. Er wuchs in der Kleinstadt Wenham, Massachusetts, auf und ging bei seinem Großvater, einem Uhrmacher, in die Lehre. Nach der Highschool besuchte er die University of Massachusetts in Amherst. Dort wurde er Mitbegründer der Independent-Band Cold Water Flat. Nach seinem BA-Abschluss in Englisch 1992 tourte er mit der Rockgruppe als Schlagzeuger durch die USA und Europa. Mitte der Neunziger löste sich die Band auf. Wenig später bewarb sich Harding, der schon als Kind ein begeisterter Leser gewesen war, erfolgreich bei dem renommierten Iowa Writers’ Workshop an der University of Iowa. Dort studierte er bei bekannten Autoren wie dem Booker-Preisträger Barry Unsworth und der Pulitzer-Preisträgerin Marilynne Robinson und schrieb bereits an dem Roman, der ihn später bekannt machen sollte.
Nach Abschluss des Studiums mit einem MFA arbeitete er als Dozent für kreatives Schreiben an der Abendschule und in Harvard. Nebenbei schrieb er weiter an seinem ersten Roman, den er schließlich 2009 bei einem kleinen, unabhängigen Verlag veröffentlichen konnte: »Tinkers« (dt. 2011). Im Zentrum seines Debüts steht ein alter Mann, der krebskrank auf dem Sterbebett liegt. Um ihn herum bricht scheinbar die Welt zusammen, er halluziniert. Er ist – in Anlehnung an den Großvater des Autors – ein Uhrmacher, der nun endlich von den Banden der Zeit befreit wird. In Gedanken kehrt er zu seinem Vater zurück, einem unter epileptischen Anfällen leidenden Hausierer, den er sieben Jahrzehnte zuvor verloren hat. Bei seiner Rückkehr zu den Wundern und Schmerzen der Kindheit entdeckt der Sterbende auch die Natur in ihrer ehrfurchtgebietenden Schönheit und ihrer unkalkulierbaren Bedrohlichkeit neu. Das Buch ist »ein großartiges Fest für das Leben selbst, in dem ein neuenglischer Vater und dessen Sohn durch Leid und Freude die physischen Grenzen ihres eigenen Lebens überwinden und darüber neue Wege aufzeigen, die Welt und unsere Sterblichkeit wahrzunehmen«, lobte die Pulitzer-Jury 2010, als sie Harding den renommierten Preis überreichte. Mit dieser Preisverleihung wurde der Autor auf einen Schlag berühmt. Sein Debütroman ist von den amerikanischen Transzendentalisten Ralph Waldo Emerson und Henry David Thoreau beeinflusst. Aber auch Henry James, Thomas Mann und religiöse Autoren wie Karl Barth gibt er als Inspirationsquellen für sein Schreiben an. Dabei ist »der wahre Star des Buchs Hardings Sprache, die aufschillert, ganz egal ob er die Funktionsweise von Uhren beschreibt, […] die bezaubernden Nebencharaktere oder gar, wie man ein Vogelnest baut« (»Publishers Weekly«).
Der Schriftsteller wurde neben dem Pulitzer Prize for Fiction für sein Debüt auch mit anderen Ehrungen ausgezeichnet. So war er u. a. Robert Bingham Fellow des PEN American Center und erhielt ein Guggenheim-Stipendium. Paul Harding lebt und arbeitet in der Nähe von Boston.
© internationales literaturfestival berlin
Tinkers
Luchterhand
München, 2011
[Ü: Silvia Morawetz]