Oya Baydar
Oya Baydar wurde 1940 in Istanbul in der Türkei geboren und besuchte das französische Gymnasium der Stadt. Noch während ihrer Schulzeit schrieb Oya Baydar ihren ersten Roman, inspiriert von der Lektüre der französischen Schriftstellerin Françoise Sagan. Sie studierte Philosophie und Soziologie an der Universität Istanbul. Ihre Doktorarbeit über die Arbeiterschaft in der Türkei wurde zweimal vom Fakultätsrat zurückgewiesen, nach erfolgreichen Protesten der Studenten konnte sie später jedoch als Dozentin an der Hacettepe Universität arbeiten. Oya Baydar war ein Gründungsmitglied der Türkischen Arbeiterpartei, außerdem engagierte sie sich in der türkischen Lehrergewerkschaft. Nach dem Militärputsch wurde sie 1972 verhaftet und konnte anschließend nicht mehr an der Universität unterrichten. Sie arbeitete nach ihrer Entlassung mehrere Jahre als Journalistin, u. a. für die Zeitschriften »Yeni Ortam« und »Politika«. Nach dem Militärputsch vom 12. September 1980 floh Oya Baydar aus der Türkei. Sie lebte mehr als zwölf Jahre in Deutschland, in Frankfurt am Main. Die Erlebnisse im Exil sowie der Fall der Mauer 1989 veranlassten die Autorin erneut zu schreiben. Sie beschreibt die Eindrücke dieser Zeit in dem Kurzgeschichtenband »Elveda Alyoşa« (1991; Ü: Adieu Alyosha), für den sie mit dem Sait-Faik-Literaturpreis ausgezeichnet wurde. 1992 konnte die Autorin in die Türkei zurückkehren. Sie zählt heute zu den bedeutendsten türkischen Autorinnen.
Ihr Roman »Kayıp Söz« (2007; dt. »Verlorene Worte«, 2008) ist ein großer Gesellschaftsroman über den türkisch-kurdischen Konflikt. Das subtil gezeichnete Porträt einer zerrissenen Gesellschaft erzählt von den Auswirkungen der Gewalt auf die Menschen, den erlittenen Schmerz und die Verluste auf beiden Seiten. Für Oya Baydar ist jeder Roman, der etwas im politischen oder gesellschaftlichen Bereich zu sagen hat, immer auch ein Dokument seiner Zeit, sie möchte »der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten«. Eines ihrer bekanntesten Bücher ist der Roman »Sıcak Külleri Kaldı« (2000; Ü: Übrig blieb heiße Asche), für den sie mit dem Orhan-Kemal-Romanpreis ausgezeichnet wurde. In ihrem Buch »Erguvan Kapısı« (2004; dt. »Das Judasbaumtor«, 2011) setzen sich die Protagonisten mit ihrer Identität auseinander, die sie sich auf der Grundlage ihrer persönlichen Überzeugungen geschaffen haben. Um sie zu wahren, sind sie sogar bereit, ihr Leben zu opfern. Der eigentliche Protagonist des Buches ist jedoch die sagenumwobene Stadt Istanbul. Der Roman erhielt den renommierten Cevdet-Kudred-Literaturpreis.
Oya Baydars Werk wurde in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt, auf Deutsch erscheint 2013 das Buch »Erzählen, um zu verstehen. Zwei Weggefährtinnen im Gespräch«. Die Autorin lebt in der Türkei, sowohl in Istanbul als auch auf der Insel Marmara.
Elveda Alyoşa
Can Yayınları
Istanbul, 1991
Sıcak Külleri Kaldı
Can Yayınları
Istanbul, 2000
Verlorene Worte
Claassen
Berlin, 2008
[Ü: Monika Demirel]
Das Judasbaumtor
Ullstein
Berlin, 2011
[Ü: Monika Demirel]
O Muhtesem Hayatiniz
Can Yayınları
Istanbul, 2012