Otto de Kat
- Niederlande
- Zu Gast beim ilb: 2009
Otto de Kat wurde 1946 unter dem bürgerlichen Namen Jan Geurt Gaarlandt in Rotterdam geboren. Er studierte Theologie und Niederländische Literatur an der Universität von Leiden und arbeitete anschließend als Literaturkritiker für die Zeitungen »De Volkskrant« und »Vrij Nederland« sowie als Verleger. 1986 gründete er den Verlag Balans, bei dem Sachbücher aus den Bereichen Politik, Geschichte, Psychologie und Religion sowie Biografien und Memoiren erscheinen.
22 Jahre nach seinem literarischen Debüt mit dem Gedichtband »Het ironisch handvest« (1976; Ü: Die ironische Charta) veröffentlichte er unter dem Pseudonym Otto de Kat seinen ersten Roman, »Man in de verte« (1998; dt. »Mann in der Ferne«, 2003). Auf knapp hundert Seiten entsteht das Porträt eines Einzelgängers, der sein Leben lang unterwegs war und immer mehr in der Vergangenheit ankommt. Im Mittelpunkt seines verzweigten Erinnerungsnetzes, das de Kat filmartig aus Sequenzen in New York, Zürich, Budapest, Den Haag, Cambridge und Tel Aviv montiert, steht der Vater – eine distanzierte, kraftvolle und liebenswerte Figur, auf die der Sohn mit Passivität und Wehmut reagiert. Um kostbare Augenblicke in der Gegenwart des Vaters herum zeigt sich das unerfüllte Leben eines Mannes, der den Verlust des besten Freundes und einer Liebe erfährt und die Gelegenheit einer neuen Liebe verstreichen lässt. Mit intensiven Bildern und klarem, lakonischem Erzählduktus – einer »schwebenden Poetik des Unterwegsseins«, wie sie der Kritiker Christoph Schröder nannte – schafft de Kat eine hypnotisierende, schmerzlich schöne Atmosphäre nostalgischer Unruhe.
Auch die nächsten beiden Werke de Kats variieren die Uneinholbarkeit der Vergangenheit. Der mit dem Halewijn-Literaturpreis ausgezeichnete Roman »De inscheper« (2004; dt. »Sehnsucht nach Kapstadt«, 2006) erzählt von einem Mann, der ständig zu neuen Ufern aufbricht. Doch seine Suche nach einem eigenen Leben bleibt eine Flucht vor seiner als unerträglich eng empfundenen Herkunft. Er gelangt nach Südafrika und in den Fernen Osten, wo er in Niederländisch-Indien in japanische Kriegsgefangenschaft gerät und in Nagasaki den Atombombenabwurf überlebt – während das wahre Leben immer bei den anderen zu sein scheint, die ihn verlassen oder die er verlässt.
De Kats dritter Roman, »Julia« (2008), spielt erneut zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Der musische Sohn eines Fabrikbesitzers soll in Lübeck das Arbeitsleben kennenlernen, bevor er das Werk des Vaters übernimmt. Er verliebt sich in eine Frau, die er nach den Novemberpogromen in unsicherer Lage zurücklässt, als er auf ihren Rat hin nach Holland heimkehrt. Das Leben, das er damit aufgibt, überschattet und zerstört seine ganze spätere Existenz. »Julia« erscheint 2010 auch in Deutschland. De Kats Werke wurden außerdem ins Französische und Englische übertragen. Der Autor gab kürzlich die Leitung seines Verlages ab. Er lebt in Amsterdam.
© internationales literaturfestival berlin
Het ironisch handvest
Van Oorschot
Amsterdam, 1976
Mann in der Ferne
Suhrkamp
Frankfurt/Main, 2003
[Ü: Andreas Ecke]
Sehnsucht nach Kapstadt
Suhrkamp
Frankfurt/Main, 2006
[Ü: Andreas Ecke]
Julia
Van Oorschot
Amsterdam, 2008
Übersetzer
Andreas Ecke