Nir Baram
Nir Baram wurde 1976 in Jerusalem geboren. Als Sohn eines Ministers unter Yitzhak Rabin wuchs er in einem politisch linksliberal geprägten Umfeld auf und studierte Hebräische Literatur an der Universität Tel Aviv. Er arbeitet als Herausgeber und Lektor für den israelischen Verlag Am-Oved sowie als Journalist für die Tageszeitung »Haaretz«.
Seinen ersten Roman »Sapperi li sippur ahava sagol« (1998; dt. »Purple Love Story«, 2001), eine Liebesgeschichte, die in den Monaten vor und nach der Ermordung Yitzhak Rabins angesiedelt ist, veröffentlichte Baram mit 22 Jahren. In »Mahazir Hahalomot« (2006; dt. »Der Wiederträumer«, 2009) erzählt der Autor die Geschichte des Helden Joel, dessen Gabe, die Träume anderer mitzuträumen und zu beeinflussen, verhängnisvolle Folgen hat. Vor dem Hintergrund der von einem Hurrikan heimgesuchten Stadt zeichnet Baram ein absurd anmutendes Bild von Tel Aviv und der Zustände in Israel. Einen »FAZ«-Kritiker veranlasste seine Schreibweise zum Vergleich mit dem Stil Dostojewskis, in dem die Grenzen des Realismus überschritten würden. Sein Roman »Anashim Tovim« (2010; dt. »Gute Leute«, 2012) über einen deutschen Werbefachmann und eine russische Jüdin, die am Vorabend des Zweiten Weltkriegs zu Mitläufern des diktatorischen Regimes werden, erlangte internationales Renommee. Er erstellt eine Studie über den Volkscharakter der Polen; sie verrät, um ihre Brüder zu retten, die regimekritischen Freunde ihrer Eltern. Zu spät erkennen beide Protagonisten die Konsequenzen ihres Handelns, und der Leser wird mit der Frage konfrontiert, wie er sich selbst verhalten hätte. Mit seinem politischen Engagement bezieht Nir Baram deutlich Stellung: Als Mitglied der Initiative Two States – One Land setzt er sich für Frieden in Israel und die Gleichberechtigung von Palästinensern ein. 2014 und 2015 reiste Baram in die besetzten Gebiete des Westjordanlandes und sprach mit verschiedenen Bewohnern, über deren Lebenswirklichkeit in Israel nur wenig bekannt ist. Daraus entstand die Reportagensammlung »Be’ertz Ha’yeusch« (2016; dt. »Im Land der Verzweiflung«, 2016), in der Baram beschreibt, wie sich das Leben von Juden und Palästinensern miteinander verwoben hat. Eine Trennung würde nur einen Mangel an gegenseitigem Verständnis provozieren. Zuletzt erschien »Tzel Olam« (2013; dt. »Weltschatten«, 2016): Mit der Geschichte um den Mitarbeiter einer in Korruption und Intrigen verwickelten US-amerikanischen Beratungsfirma, der gemeinsam mit Anarchisten einen weltweiten Streik gegen Kapitalismus und Globalisierung initiiert, kritisiert Baram die israelische Linke und deren Rolle im Friedensprozess und der ökonomischen Liberalisierung. »Der vielleicht eindrucksvollste Roman über unsere Zeit« (»El Mundo«).
Der Autor wurde zweimal für den israelischen Sapir Prize nominiert. 2010 erhielt er den Prime Minister Award for Hebrew Literature für »Gute Leute«. Nir Baram lebt in Tel Aviv.
Purple Love Story
Orgler
Frankfurt a. M., 2001
[Ü: Ruth Achlama]
Der Wiederträumer
Schöffling & Co.
Frankfurt a. M., 2009
[Ü: Lydia Böhmer u. Harry Oberländer]
Gute Leute
Hanser
München, 2012
[Ü: Markus Lemke]
Im Land der Verzweiflung
Hanser
München, 2016
[Ü: Markus Lemke]
Weltschatten
Hanser
München, 2016
[Ü: Markus Lemke]