Miguel Syjuco
- Kanada, Philippinen
- Zu Gast beim ilb: 2011
Miguel Syjuco wurde 1976 in der philippinischen Hauptstadt Manila geboren. Mit seinen Eltern auf der Flucht vor dem Marcos-Regime, verbrachte er eine Dekade seiner Kindheit in Kanada, wuchs ansonsten jedoch in Manila auf. Entgegen den Vorstellungen seines Vaters, eines aktiven Politikers, wollte der jüngste Sohn von Kindesbeinen an nicht in seine Fußstapfen treten, sondern lieber Schriftsteller werden. Nach einem Studium der Englischen Literaturwissenschaft an der Ateneo de Manila University zog er nach New York City, wo er 2004 an der Columbia University seinen Master in Creative Writing erwarb. Er verfasste journalistische Artikel, Rezensionen und Kurzgeschichten, arbeitete bei den Magazinen »The New Yorker«, »Esquire« und »The Paris Review«, aber auch als Barkeeper, eBay-Verkäufer von Damenhandtaschen und Assistent eines Buchmachers.
Als er für »The Paris Review« die Daten einer Reihe von Schriftsteller-Interviews auf ihren Wahrheitsgehalt prüfte und dafür tagelang Biografien, Memoiren, Zeitungsartikel und andere Quellen sichtete, kam ihm die Idee, einen Roman über einen fiktiven Schriftsteller in Form einer literarischen Collage zu verfassen. Vier Jahre lang arbeitete er an seinem Erstling »Ilustrado« (2010; Ü: Der Erleuchtete), dessen unveröffentlichtes Manuskript 2008 mit dem Man Asian Literary Prize geehrt wurde. Damit rückte Syjuco auf einen Schlag als Autor ins Rampenlicht der literarischen Öffentlichkeit, und sein Debütroman erschien in mehreren Ländern. Das Buch handelt von einem philippinischen Exilautor und Literaturdozenten namens Crispin Salvador, dessen Leichnam im Hudson River gefunden wird. Syjucos Alter Ego Miguel, ein philippinischer Nachwuchsschriftsteller und Schüler Salvadors, kehrt auf der Suche nach Gründen für das Ableben seines Vorbilds in die philippinische Heimat zurück. Dort findet er Spuren eines verschollenen letzten Manuskripts seines Idols, beginnt eine Biografie über ihn zu verfassen und taucht in die von den sogenannten »Ilustrado«, der privilegierten Intelligenzija, geprägte Historie und Gegenwart seines Heimatlandes ein. Collagenartig reihen sich in dem Buch neben der Geschichte des Erzählers Miguel Absätze seiner Salvador-Biografie, Blogeinträge eines Kritikers, Ausschnitte aus Werken Salvadors, Witze, Interviews und anderes aneinander, wodurch ein gekonntes Genre-Potpourri aus Krimi, historischem Roman und satirischem Sozialkommentar entsteht. »›Ilustrado‹ erinnert so an einige der besten Werke Roberto Bolaños« (Pankaj Mishra), aber auch Ähnlichkeit mit »Mitternachtskinder« von Salman Rushdie und David Mitchells literarischen Collagen sind erkennbar.
Neben dem Man Asian Literary Prize erhielt der Autor für »Ilustrado« weitere Ehrungen wie den philippinischen Palanca Award und den kanadischen QWF Paragraphe Hugh MacLennan Prize for Fiction. Miguel Syjuco lebt und arbeitet im kanadischen Montreal.
© internationales literaturfestival berlin
Ilustrado
Farrar, Straus & Giroux
New York, 2010
Die Erleuchteten
Klett-Cotta
Stuttgart, 2011
[Ü: Hannes Riffel]