Marc-Antoine Mathieu
- Frankreich
- Zu Gast beim ilb: 2016
Marc-Antoine Mathieu wurde 1959 in Antony, Frankreich, geboren und wuchs in Angers auf, wo er die École des Beaux-Arts besuchte. Danach arbeitete er als Szenograf sowie Grafikdesigner im Atelier Lucie Lom und veröffentlichte Comics in Zeitschriften wie »Marcel«, »Le Banni« und »Morsures«.
1987 erschien schließlich sein erstes Album »Paris-Mâcon«, eine Gemeinschaftsarbeit mit seinem Bruder Jean-Luc Mathieu. Drei Jahre später legte der Comiczeichner mit »L’Origine« (dt. »Der Ursprung«, 1992) den ersten von bisher sechs Bänden seiner Serie »Julius Corentin Acquefacques, prisonnier des rêves« (Ü: Julius Corentin Acquefacques, Gefangener der Träume) vor, welcher u. a. 1991 mit dem Alph-Art coup de cœur des Angoulême-Festivals ausgezeichnet wurde. Dabei stellt nicht nur der Nachname des Protagonisten, rückwärts gelesen, klanglich einen Bezug zu Franz Kafka her, sondern auch die Erlebnisse dieses Angestellten im Ministerium für Humor können als kafkaesk bezeichnet werden. Wenn etwa die Handlung des letzten Bandes »Le Décalage« (2013; dt. »Die Verschiebung«, 2015) erst auf der siebten Seite beginnt, sich das Titelbild auf Seite 59 findet und Buchseiten zu fehlen scheinen, lotet Mathieu die Grenzen des Erzählbaren und nebenbei auch die der Buchgestaltung aus. Der Feuilletonchef der »FAZ« Andreas Platthaus bemerkte dazu: »Marc-Antoine Mathieu macht alles anders als normale Comiczeichner. In seinem neuen Buch […] ist das nicht anders. Und noch besser als üblich.« Neben der Serie zu Julius Corentin Acquefacques veröffentlichte der Künstler zahlreiche Einzelbände wie »Dieu en personne« (2009; dt. »Gott höchstselbst«, 2010), für den er 2010 den Grand prix de la critique der Vereinigung von Kritikern und Journalisten des Comicbuchs (ACBD) für das beste Album des Jahres aus Frankreich erhielt. Mit dem Band »3″« (2011; dt. »3 Sekunden«, 2012) legte der Zeichner ein innovatives Experiment mit den Stärken und Möglichkeiten des Mediums Comic vor, indem er den Leser durch seinen Verzicht auf Text darauf zurückwirft, von Bild zu Bild (das Lesen einer Zeile, die drei Panels umfasst, dauert dabei ungefähr drei Sekunden) nach geänderten Perspektiven und neuen Details Ausschau zu halten, um so die Ereignisse dieses spannenden und rätselhaften Thrillers zu rekonstruieren. Ebenfalls ohne Worte zeigt Mathieu in seinem jüngsten und mit mehr als 250 Seiten bislang umfangreichsten Buch »S.E.N.S.« (2014; dt. »Richtung«, 2015) die Reise eines Mannes durch eine labyrinthische Welt, gelenkt durch Pfeile und andere Hinweise, auf der Suche nach dem Sinn seines Lebens. Der »Tagesspiegel« beschrieb das Werk mit den Worten: »Es ist, als hätte M. C. Escher aus Kafkas ›Das Schloss‹ einen Comic gemacht«, und kam zu dem Schluss, Mathieu bekräftige mit dieser Arbeit und dem Band »Die Verschiebung« seinen Status als einer der innovativsten Comic-Künstler der Gegenwart.
Paris-Mâcon
[Mit Jean-Luc Mathieu]
Futuropolis
Paris, 1985
Julius Corentin Acquefacques, Gefangener der Träume
Der Ursprung
Carlsen
Hamburg, 1992
[Ü: Harald Sachse]
3 Sekunden
Reprodukt
Berlin, 2012
Julius Corentin Acquefacques, Gefangener der Träume
Die Verschiebung
Reprodukt
Berlin, 2013
[Ü: Martin Budde]
Richtung
Reprodukt
Berlin, 2015