Der Schweizer Schriftsteller Urs Mannhart wurde 1975 geboren. Er studierte einige Semester Germanistik, Anglistik und Philosophie und arbeitete u. a. als Fahrradkurier und Nachtwächter in einem Asylzentrum.
Seit 2004 veröffentlicht er gelegentlich größere Reportagen, als Schriftsteller debütierte er mit seinem Roman Luchs (2004). Angeregt zu diesem Stoff wurde Mannhart durch seinen Zivildienst bei einem Schweizer Luchs-Wiederansiedlungsprojekt. Nahe an den Tatsachen erzählt der Text vom Konflikt zwischen traditionell orientierten, eigenbrötlerischen Bergbauern und städtischen Biologen. Während Letztere versuchen, dem Luchs seinen Lebensraum zurückzugeben, überbieten sich die Jäger im Tal in den Bemühungen, einen Luchs zu schießen.
In seinem zweiten Roman Die Anomalie des geomagnetischen Feldes südöstlich von Domodossola (2006), der mit dem Buchpreis des Kantons Bern ausgezeichnet wurde, erzählt Mannhart die Geschichte einer unmöglichen Liebe: Der Ich-Erzähler will zu seiner Geliebten im fernen Rom aufbrechen, bleibt aber wegen eines Bahnstreiks – oder vielleicht auch wegen geomagnetischer Störungen – am Bahnhof von Domodossola stecken.
Nach einem »Weiterschreiben«-Stipendium der Stadt Bern brachte Mannhart 2008 seine Kuriernovelle oder Der heimlich noch zu überbringende Schlüsselbund der Antonia Settembrini heraus, die den Alltag eines Fahrradkuriers schildert.
In seinem dritten Roman Bergsteigen im Flachland (2014) fügt Mannhart eine Fülle von Erzählungen, deren Schauplätze von der Schweiz über Norwegen, den Balkan bis nach Spanien verstreut sind, zu einer Verkettung von Liebe und Gewalt. Im Mittelpunkt steht ein reisender Reporter, der anhand von Einzelschicksalen Ereignisse des Jahres 1999 schildert, die Europa erschüttern: den Krieg im Kosovo, die Bombardierung Serbiens durch die NATO, die Bedrohung der Natur in Rumänien et cetera. »Urs Mannhart zeichnet in seinem Roman eine europäische Geografie des Tötens, des Mordens, der Gewalt – und der verzweifelten wie vielfach vergeblichen Versuche, die Dämme der Zivilisation gegen die Barbarei zu verteidigen«, so die »NZZ«.
Sein jüngstes Werk Gschwind oder Das mutmaßlich zweckfreie Zirpen der Grillen thematisiert den internationalen, auch von der Schweiz aus gelenkten Rohstoffhandel, den Raubbau an der Natur und an der Psyche des Menschen. Der Roman stellt die Frage, wie lange wir unser Wirtschaftssystem noch überleben werden.
Mit dem Fotografen Beat Schweizer und für die Zeitschrift Reportagen erarbeitet Mannhart seit mehr als zehn Jahren aufwändige Reportagen, meist aus Russland und den Ländern des Balkans. Für sein Werk erhielt er eine Reihe von Preisen, darunter den Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis 2017. Im selben Jahr war er zum Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb eingeladen. Mannhart arbeitet auch in der biologischen Landwirtschaft und lebt in La Chaux-de-Fonds.