M. T. Vasudevan Nair wurde 1933 in Kudallur, einem Dorf im südindischen Bundesstaat Kerala, geboren. Bereits als Jugendlicher veröffentlichte er in Zeitschriften erste Kurzgeschichten in seiner Muttersprache Malayalam. Der erste Erzählband des jungen Autors erschien 1952. Für seinen Debütroman „Nalukettu“ (1958; engl. „The Ancestral House“, 1959) wurde er 1959 mit dem Kerala Sahitya Akademi Award ausgezeichnet. Der National Book Trust ermöglichte die Übersetzung des Buches in alle anderen offiziellen Sprachen Indiens. Seither schrieb er rund zehn weitere Romane, darunter „Asuravithe“ (1962; engl. „The Demon Seed and Other Writings“,1998), „Manju“ (1964; Ü: Schnee) und „Kaalam“ (1969; engl. „Kalaam“, 1998) sowie an die zwanzig Bände mit Kurzgeschichten, außerdem Reiseberichte, literarische Essays und Kinderbücher. Er wurde mit zahlreichen Literaturpreisen gewürdigt, u. a. 1996 mit der höchsten literarischen Auszeichnung Indiens, dem Jnanpith Award. M. T. Vasudevan Nair ist jedoch nicht nur als Schriftsteller sowie als langjähriger Herausgeber der Wochenzeitung „Mathrubhumi“ bekannt, sondern insbesondere auch als mehrfach preisgekrönter Drehbuchautor und Filmregisseur des Malayalam-Kinos. Er verfasste mehr als vierzig Drehbücher und führte selbst Regie bei sechs Spielfilmen, drei Dokumentarfilmen und einer Fernsehserie. Im Mittelpunkt seiner literarischen und filmischen Werke steht die dörfliche Gesellschaft Südindiens. Die britische Kolonisierung und die indische Unabhängigkeit führten in Kerala zu gravierenden Veränderungen in den althergebrachten matrilinearen Strukturen der Nair-Gemeinschaften Nord-Keralas. M. T. Vasudevan Nair gilt als der Chronist des Niedergangs dieser Familienverbände. Inspiration für viele seiner Erzählungen ist die Geschichte seines Heimatdorfes Kudallur, das von der Auflösung feudalistischer Strukturen und Werte geprägt ist. In dichter, lyrischer Sprache schildert er das Wechselspiel zwischen den Bedingungen der äußeren Welt und den Ängsten und emotionalen Verstrickungen der Protagonisten. So auch im Roman „Randamoozham“ (1984; engl. „Second Turn“, 1997), der auf dem großen indischen Epos „Mahabharata“ basiert. M. T. Vasudevan Nairs respektvolle Interpretation des Klassikers folgt dem Blickwinkel des Kriegerhelden Bhima, dem er unter Verwendung von leisen ironischen Untertönen eine neue psychologische Dimension hinzufügt. „Ich habe die Grundzüge der Geschichte des ersten Vyasa, Krishna-Dwaipayana, nicht verändert. Ich habe zwischen seinen Zeilen gelesen und sein bedeutsames Schweigen ausgearbeitet.“ M. T. Vasudevan Nair lebt Calicut/Kerala, Indien.
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