Lina Meruane
- Chile, USA
- Zu Gast beim ilb: 2010, 2017
Lina Meruane, geboren 1970 in Santiago de Chile, studierte und promovierte in Lateinamerikanischer Literatur an der New York University. Ihre literarische Tätigkeit begann sie als Geschichtenerzählerin und Kulturjournalistin.
1997 erhielt sie ein Stipendium des chilenischen Kunstfonds FONDART und vollendete ihr erstes Buch, eine Sammlung von Erzählungen mit dem Titel »Las infantas« (Ü: Die Infantinnen), das im folgenden Jahr veröffentlicht und von der Kritik positiv aufgenommen wurde. Zwölf Erzählungen im urbanen Milieu wechseln sich ab mit kurzen Episoden über die Reise zweier Prinzessinnen, die aus dem Palast ihres Vaters fliehen und mit der Grausamkeit und Ambivalenz der Welt konfrontiert werden. Stilistisch erinnern die Texte an die Märchensammlung »Histoires ou contes du temps passé« von Charles Perrault, jedoch sind die beiden Protagonistinnen Hildegreta und Hildeblanca keine Fabelfiguren in fantastischen Landschaften, sondern Wesen aus Fleisch und Blut, die Schmerz, Angst, Schuld und Unterwerfung erleben. 2000 erschienen Meruanes Romane »Póstuma« (Ü: Postum) sowie »Cercada« (Ü: Eingezäunt); in Letzterem unterzieht sie einen bislang unberücksichtigten Aspekt der chilenischen Diktatur einer Betrachtung: das Verhältnis der Kinder von Militärangehörigen zu den Kindern politisch Verfolgter. In »Fruta podrida« (2007; Ü: Verrottetes Obst), für dessen Manuskript sie 2006 den Preis für den besten unveröffentlichten Roman des chilenischen Nationalen Kunstrats erhalten hatte, thematisiert sie die schleichende physische Zerstörung von Frauen, die als Saisonarbeiterinnen mit von Pestiziden verseuchtem Obst in Berührung kommen, sowie die Gleichgültigkeit und das Schweigen der Regierung. Ihr kraftvoll erzählter, autobiografisch geprägter Roman »Sangre en el ojo« (2012; Ü: Blut im Auge) erzählt von einer jungen chilenischen Schriftstellerin, die nach New York gezogen ist, um ihre Dissertation zu schreiben, dort einen Schlaganfall erleidet, erblindet und in zunehmende Abhängigkeit von ihren Nächsten gerät. Meruanes Theaterstück »Un Lugar donde Caerse Muerta/Not a Leg to Stand On« erlebte 2012 in den USA unter der Regie von Martín Balmaceda seine Premiere. Sie veröffentlichte außerdem drei Essaybände: »Viajes virales« (2012; Ü: Virale Reisen), »Contra los hijos« (2014; Ü: Gegen den Nachwuchs) und »Volverse Palestina« (2014; Ü: Palästina entsteht), für den sie 2014 mit dem Preis des Chilenisch-Arabischen Kulturinstituts ausgezeichnet wurde. Ihre Erzählungen erschienen in vielen Anthologien und in vielen Sprachen, einige wurden verfilmt.
Lina Meruane erhielt den Anna Seghers-Preis und den Premio Sor Juana Inés de la Cruz. Sie ist Professorin für Allgemeine und Lateinamerikanische Literatur und Kreatives Schreiben sowie Gründerin von Brutas Editoras, einem unabhängigen Verlag in New York City, wo sie zwischen ihren Reisen nach Chile lebt. 2017 ist sie Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD.
Las infantas
Planeta
Santiago, Chile, 1998
Póstuma
Planeta
Santiago, Chile, 2000
Cercada
Cuarto Propio
Santiago, Chile, 2000
Cuneta
Santiago, Chile, 2014
Fruta podrida
Fondo de Cultura Económica
Santiago, Chile, 2007
Eterna Cadencia
Buenos Aires, Argentina, 2015
Seeing Red
Deep Vellum
Dallas, USA, 2016
Atlantic
London, UK, 2017
[Ü: Megan McDowell]
Arche
Hamburg, 2018
[Ü: Susanne Lange]