Kazuo Ishiguro
- Großbritannien, Japan
- Zu Gast beim ilb: 2005, 2015
Kazuo Ishiguro wurde 1954 in Nagasaki geboren. Als er fünf war, zog seine Familie nach England, wo sein Vater am National Institute of Oceanography forschte. Aus dem vorübergehenden Aufenthalt wurde eine dauerhafte Übersiedelung. Nach dem Abschluss seiner Schulausbildung in Surrey arbeitete Ishiguro zeitweilig als Jagdhelfer der Königinmutter. Er strebte eine Karriere als Rockmusiker an, betreute Obdachlose in London, arbeitete als Sozialarbeiter in Schottland und schloss in Canterbury an der University of Kent ein Studium der Anglistik und Philosophie ab. Schließlich studierte er an der University of East Anglia in Norwich Kreatives Schreiben bei Malcolm Bradbury.
In dieser Zeit entstand Ishiguros erster Roman »A Pale View of Hills« (1982; dt. »Damals in Nagasaki«, 1984), der mit dem Winifred Holtby Memorial Prize ausgezeichnet wurde. Im Mittelpunkt seiner Werke stehen oft Individuen, die zu sehr in ihrer eigenen Welt leben, als dass sie die größeren, historischen Zusammenhänge überblicken könnten, von denen sie bestimmt werden. »An Artist of the Floating World« (1986; dt. »Der Maler der fließenden Welt«, 1988), ein Roman über einen japanischen Maler, der sich in den Dienst der imperialistischen Politik seines Landes stellt, erhielt den Whitbread Book of the Year Award. Das mit dem Booker Prize ausgezeichnete Werk »The Remains of the Day« (1989; dt. »Was vom Tage übrigblieb«, 1990) erzählt von einem Butler in der Zeit des Zweiten Weltkriegs, der über seinem übereifrig ausgeübten Dienst versäumt, ein eigenes Leben zu führen. Nach dem kafkaesken und mit dem Cheltenham Prize ausgezeichneten Roman »The Unconsoled« (1995; dt. »Die Ungetrösteten«, 1996) erschien »When We Were Orphans« (2000; dt. »Als wir Waisen waren«, 2000). In dieser ungewöhnlichen Detektivgeschichte reist ein Ermittler aus dem London der dreißiger Jahre nach Schanghai, um das Verschwinden seiner Eltern aufzuklären, und enthüllt dabei sein eigenes, trügerisches Selbstbild. »Never Let Me Go« (2005; dt. »Alles, was wir geben mussten«, 2005) ist eine sanfte Horrorgeschichte über eine Erziehungsanstalt, die ihre Zöglinge vor einem schrecklichen Geheimnis behütet, dem sie unaufhaltsam entgegenwachsen. Danach dauerte es zehn Jahre, bis er, nach dem Erzählband »Nocturnes. Five Stories of Music and Nightfall« (2009; dt. »Bei Anbruch der Nacht«, 2009), mit »The Buried Giant« (2015; Ü: Der vergrabene Riese) einen weiteren Roman vorlegte, der laut einer Kritik in »Die Welt« im Gewand eines Fantasy-Romans die These prüft, ob Vergessen wichtig für die Entwicklung der Menschheit gewesen sei.
Für seine Verdienste um die Literatur wurde Ishiguro 1995 der Orden des Britischen Empire verliehen. 1998 wurde er in Frankreich zum Chevalier des Ordens der Künste und Wissenschaften gewählt. Er ist zudem Fellow der Royal Society of Literature. Ishiguro lebt mit seiner Familie in London.
Damals in Nagasaki
Goldmann
München, 2001
[Ü: Margarete Längsfeld]
Was vom Tage übrigblieb
Rowohlt
Reinbek b. Hamburg, 2002
[Ü: Hermann Stiehl]
Alles, was wir geben mussten
Blessing
München, 2005
[Ü: Barbara Schaden]
Bei Anbruch der Nacht
Fünf Erzählungen
Blessing
München, 2009
[Ü: Barbara Schaden]
The Buried Giant
Knopf
New York, 2015