23. ilb 06. – 16.09.2023

Kazumi Yumoto

Kazumi Yumoto wurde 1959 in Tokio, Japan, geboren und kam über die Musik zur Literatur. Sie studierte Komposition am Tokio College of Music und schrieb bereits während ihres Studiums Opernlibretti und verfaßte Hörspiele und Drehbücher für Radio und Fernsehen. Ihr erster Roman „Natsu no niwa“ (dt. „Gespensterschatten“, 1995) erschien 1992 und fand internationale Beachtung. Direkt und warmherzig erzählt sie von drei Jugendlichen im heutigen Japan, die mehr über den ‚Tod’ erfahren möchten und beschließen, einen alten Mann, von dem sie annehmen, dass er bald sterben müsse, auszuspionieren. Doch die Dinge entwickeln sich anders. Eine fragile Freundschaft entsteht, in der Kiyama, Yamashita und Kawabe viel über das Leben, Toleranz und die Würde des Alters lernen. Lebendig und unbefangen nähert sich Yumoto dem beängstigenden und faszinierenden Ereignis ‚Tod’: Wie sieht eine Leiche aus? Wieviele Male haben wir schon geatmet? Was geschieht danach? Dabei fließen in ihre klare und ruhige Erzählweise dezent auch andere problematische Aspekte der Protagonisten ein, wie z. B. die Alkoholkrankheit der Mutter oder die bestürzende Kriegserinnerung des alten Mannes. So entsteht ein Kinderroman, „der nichts ausgrenzt, der Schreckliches streift, ohne es zu dramatisieren, der das heikle Thema leicht, aber nicht leichtfertig behandelt“ (Neue Züricher Zeitung) und der leise eine fremde Kultur nahebringt. „Gespensterschatten“ wurde u. a. mit dem Boston Globe-Horn Book Award (1997) ausgezeichnet, für den Deutschen Jugendliteraturpreis (1996) nominiert und von Shinji Somai verfilmt.

Immer wieder greift Yumoto die schwierigen Erfahrungen des Erwachsenwerdens und die Konflikte auf, die für Kinder damit verbunden sein können. Dabei scheut sie ernste Themen wie Krankheit, Tod, Selbsttötung und Religiöses nicht. So in ihrem Jugendbuch „Popura no aki“ (1997; dt. „Eine Schublade voller Briefe“, 2002), dem dritten ihrer Romane, der in deutscher Übersetzung vorliegt. Chiaki, eine junge Frau, erinnert sich, wie sie als Sechsjährige mit ihrer Mutter in das ’Pappelhaus’ zog und die kauzig-liebenswerte Vermieterin Frau Yanagi ihr half, gegen ihre Ängste anzukämpfen – Ängste, die vor allem mit dem Tod ihres Vaters zusammenhingen, den sie nicht verstehen konnte. Als die alte Frau ihr erzählt, dass sie Briefe an die Toten übermitteln wird, sobald sie einmal stirbt, beginnt Chiaki, an ihren Vater zu schreiben und sich mit ihrem Schmerz und ihren Fragen auseinanderzusetzen. Alte Menschen spielen sehr häufig in Yumotos Romanen eine tragende Rolle. „Ich glaube, dass es auch eine Art von Beziehungen zu Kindern gibt, die nur Erwachsenen, die nicht gleichzeitig auch die Eltern sind, möglich ist, und dass eine solche Beziehung den Weg eines Kindes in einem bestimmten Lebensabschnitt stark beeinflussen kann.“ Kazumi Yumoto lebt in Tokio.

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