Juli Zeh
Die Juristin und Schriftstellerin Juli Zeh wurde 1974 in Bonn als Tochter von Wolfgang Zeh, dem ehemaligen Direktor beim Deutschen Bundestag, geboren. Nach dem Abitur studierte sie Rechtswissenschaften in Passau, Krakau, New York und Leipzig, wobei sie sich auf Völkerrecht spezialisierte. Einen Aufbaustudiengang Recht der Europäischen Integration schloss sie als Magistra der Rechte ab. Mit ihrer Promotion über die Rechtsetzungstätigkeit von UN-Übergangsverwaltungen erlangte sie 2010 den Doktorgrad. In ihren juristischen Abhandlungen widmete sich Juli Zeh vor allem Fragen des Beitritts osteuropäischer Staaten zur EU. Noch während ihres Jurastudiums immatrikulierte sie sich 1996 am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und schloss ihr Studium 2000 mit Diplom ab.
Ihr Debütroman »Adler und Engel« (2001) wurde von der Kritik als Mischung aus »Drogenthriller, Kapitalismuskritik und Initiationsgeschichte« klassifiziert. Er handelt von den Drogenexzessen eines Völkerrechtlers nach dem Tod seiner großen Liebe und seinem Abstieg in die Welt des organisierten Verbrechens. Kritisch betrachtet Zeh in ihrem Erstling die heutige Welt verbrauchter Ideologien, zerstörter Illusionen und enthemmter Destruktivität und entwickelt ihren kraftvoll-rasanten wie lakonisch-poetischen Schreibstil. Eine Reise durch das zerstörte Bosnien 2001 veranlasste sie, ihre Beobachtungen in einem Reisetagebuch »Die Stille ist ein Geräusch« (2002) zu verarbeiten. Ihr zweiter Roman »Spieltrieb« (2004) handelt von dem obsessiven Liebesverhältnis zweier Gymnasiasten einer Privatschule, die sich als »Urenkel der Nihilisten« bezeichnen und ihr Credo in einem moralfreien Pragmatismus finden: »Wenn das alles ein Spiel ist, sind wir verloren. Wenn nicht – erst recht.« Die Kritik stellte den Roman in die Tradition von Musils »Zögling Törless« und Dostojewskis philosophischen Kriminalromanen. Der Stoff wurde 2013 von Gregor Schnitzler verfilmt. 2016 erschien ihr Gesellschaftsroman »Unterleuten«, der in die Abgründe eines scheinbar idyllischen brandenburgischen Dorfs führt und Wendeverlierer und Wendegewinner aufeinanderprallen lässt.
Abgesehen von ihren Romanen schrieb Juli Zeh auch Kinderbücher, Hörspiele und Theaterstücke. Zusammen mit Ilija Trojanow veröffentlichte Juli Zeh das Buch »Angriff auf die Freiheit« (2009), mit dem sie da s Eindringen des Staates in die Privatsphäre der Bürger auf dem Hintergrund der Terrorabwehr kritisieren. Außerdem verfassten sie 2013 einen offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel, in dem sie mit 70 000 Mitunterzeichnern die Unterbindung der illegalen Datensammlung der NSA fordern. Juli Zeh erhielt zahlreiche Literaturpreise, darunter den Ernst-Toller-Preis 2003, den Per-Olov-Enquist-Preis 2005, den Carl-Amery-Literaturpreis 2009, den Thomas-Mann-Preis 2013 u. v. m. Ihre Bücher wurden in über 31 Sprachen übersetzt. Sie lebt in Barnewitz im Landkreis Havelland/Brandenburg.
Schöffling
Frankfurt am Main, 2001
Die Stille ist ein Geräusch
Schöffling,
Frankfurt am Main, 2002
Spieltrieb
Schöffling
Frankfurt am Main, 2004
Angriff auf die Freiheit.
Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte.
[mit Ilija Trojanow]
Hanser
München, 2009
Unterleuten
Luchterhand
München, 2016