Joumana Haddad
Joumana Haddad wurde 1970 in Beirut geboren. Die multilinguale Dichterin, Journalistin und Übersetzerin ist auch als Performerin und bildende Künstlerin tätig. 1997 begann sie für die bedeutende libanesische Tageszeitung »An-Nahar« zu arbeiten, deren Feuilleton sie als verantwortliche Redakteurin betreut. Zwei Jahre zuvor hatte sie ihren ersten Gedichtband veröffentlicht, dem bislang vier weitere Bände folgten. Haddads Werke wurden in mehrere Sprachen übersetzt, darunter ins Englische, Französische, Spanische, Italienische und Polnische. Auf Deutsch liegen die Sammlungen »Damit ich abreisen kann« (2006) und »Liliths Wiederkehr« (2008) vor.
Die Sprache Haddads bewegt sich in der Tradition der modernen arabischen Lyrik. Mitunter experimentell in der Wahl der Mittel, thematisieren die Gedichte weibliches Begehren, das sich in vielen Fällen kämpferisch auflehnt, lustvoll provoziert und unbeirrbar einen Zustand der Freiheit verfolgt. Nie formen sich die Verse zum triumphierenden Gestus eines Programms. Es ist eher Trotz, was aus Worten wie »Ich sündige nicht genug« klingt, manchmal auch Trauer. Die letzten Zeilen des Gedichts »Ich bin eine Frau« lauten: »Der Schlüssel zum Gefängnis mag ihre Sprache sein, / aber ihre Sprache ist um die Finger meines Begehrens gewickelt, / und mein Begehren werden sie nie kommandieren. // Ich bin eine Frau. / Sie meinen, / sie besitzen meine Freiheit, / und so lasse ich sie meinen, / und ich geschehe.« In der Erzählung »Living it up (and down) in Beirut« drängt sich die von Kriegen geprägte Wirklichkeit der libanesischen Hauptstadt zunächst in Fußnoten in den Text und erstickt schließlich mehrere Romanzen im Ansatz, was verschiedene Anmerkungen beinahe ärgerlich kommentieren: »Achtung: Noch mal, dies ist keine Liebesgeschichte. Sie mag manchmal wie eine aussehen, aber sie ist keine.« Die auf Englisch verfasste Erzählung ist Haddads eigener Beitrag zu der von ihr herausgegebenen Anthologie »Madinah« (2008), die zeitgenössische Stadtgeschichten verschiedener Autoren aus dem Mittleren Osten vereint.
2006 veröffentlichte die Autorin einen Interviewband, für den sie mit prominenten Schriftstellerinnen und Schriftstellern wie Umberto Eco, Paul Auster, José Saramago, Peter Handke, Elfriede Jelinek, Paulo Coelho, Wole Soyinka und Nadine Gordimer sprach. Für ihr Interview mit Mario Vargas Llosa wurde sie in Dubai mit dem Arabischen Pressepreis ausgezeichnet. 2008 lief ihr kontroverses Publikationsprojekt »Jasad« an – ein vierteljährliches Magazin, das sich dem Körper widmet. Als Chefredakteurin versucht sie damit auch eine Wiederbelebung der Tradition erotischer Literatur in den arabischen Ländern zu initiieren.
Haddad übertrug zahlreiche Werke der internationalen Literatur ins Arabische und übersetzte arabische Lyrik in romanische Sprachen, darunter eine Sammlung moderner libanesischer Gedichte, die in Spanien erschien. Sie ist auch für den arabischen Literaturpreis IPAF tätig, der in Anlehnung an den Booker Prize gegründet wurde und in Abu Dhabi verliehen wird. Haddad lebt in Beirut.
© internationales literaturfestival berlin
Da’wa ila, asha sirri
Dar al-Nahar
Beirut, 1998
Yadan ila hawiya
Dar al-Nahar
Beirut, 2000
Damit ich abreisen kann
Lisan
Basel, 2006
[Ü: Suleman Taufiq]
Liliths Wiederkehr
Verlag Hans Schiler
Berlin, 2008
[Ü: Heribert Becker]
Übersetzer: Heribert Becker, Suleman Taufiq