23. ilb 06. – 16.09.2023

José Eduardo Agualusa

Portrait José Eduardo Agualusa
© C.H. Beck

José Eduardo Agualusa wurde 1960 in Huambo, Angola, geboren. Er studierte in Lissabon Land- und Forstwirtschaft, begann aber bereits im Studium journalistisch und literarisch zu schreiben. Sein Debütroman »A Conjura« (Ü: Die Verschwörung) erschien 1989 in Portugal und Angola. Seitdem veröffentlichte er an die dreißig Romane, Bände mit Kurzprosa, Kinder- und Jugendbücher sowie Theaterstücke, die in 25 Sprachen übersetzt wurden.

Zentrales Thema seines ersten historischen Romans »A Conjura«, angesiedelt im São Paulo de Luanda der Jahre 1880 bis 1911, ist die Vermischung der europäischen und afrikanischen Kulturen in der modernen angolanischen Gesellschaft, ein Motiv, das auch in späteren Romanen immer wieder eine Rolle spielt. In seinem Gegenwartsroman »Estação das Chuvas« (1996; Ü: Regenzeit) entwirft der mit autobiografischen Zügen ausgestattete Ich-Erzähler um die fiktive Lebensgeschichte einer angolanischen Dichterin und Historikerin eine nüchterne Gesellschaftschronik aus Fakten und Fiktionen, die dem Leser die verheerenden Folgen von dreißig Jahren Krieg und Bürgerkrieg auf beklemmende Weise vor Augen führt. Die Hauptfigur seines inhaltlich wie formal ambitionierten Romanprojekts »Nação Crioula« (1997; dt. »Ein Stein unter Wasser«, 1999) entlehnte Agualusa einem Briefroman des portugiesischen Schriftstellers Eça de Queiroz (1845–1900). In einem geistreichen literarischen Spiel erweitert er die Vorlage um die Perspektive der Kolonie Angola auf Europa und auch auf das vor allem von Angola aus kolonialisierte Brasilien. Der als erstes afrikanisches Buch mit dem Independent Foreign Fiction Prize 2007 ausgezeichnete Roman »O Vendedor de Passados« (2004; dt. »Das Lachen der Geckos«, 2008) beschäftigt sich mit Fragen der Identität in Gestalt eines »Genealogen«, der nach diversen Systemwechseln in Angola Menschen der »neuen Bourgeoisie« glanzvolle oder auch nur »saubere« Vergangenheiten erfindet. »Teoria Geral do Esquecimento« (2012; dt. »Eine allgemeine Theorie des Vergessens«, 2017), ausgezeichnet mit dem International DUBLIN Literary Award, erzählt die Verwerfungen und Verwicklungen der angolanischen Geschichte aus der Perspektive einer an Agoraphobie leidenden Dame, die sich am Vorabend der Revolution für dreißig Jahre in ihrer Wohnung einmauert. Sein jüngster Roman »A Sociedade dos Sonhadores Involuntários« (2017; dt. »Die Gesellschaft der unfreiwilligen Träumer«, 2019) greift wieder direkt das politische Geschehen im Angola der Gegenwart auf und ist wie schon die Dystopie »Barroco Tropical« (2009, dt. 2001) eine poetische Abrechnung mit autokratischen Regimes und Gesellschaften, denen Träume und Utopien abhandengekommen sind.

Agualusa ist auch als Journalist für Hörfunk und Printmedien in verschiedenen Ländern tätig. Er lebt auf der Ilha de Moçambique und in Lissabon.