John Burnside
- Großbritannien
- Zu Gast beim ilb: 2012, 2014
Der schottische Lyriker und Romancier John Burnside wurde 1955 in Dunfermline, Fife, geboren. Am College of Arts and Technology in Cambridge studierte er Englisch und Europäische Sprachen und arbeitete zunächst als Software-Entwickler, bis er 1996 freiberuflicher Schriftsteller wurde.
Sein erster Lyrikband »The hoop« (1988) gewann den Scottish Arts Council Book Award. Seine Lyrik zeichnet sich aus durch die Schilderung einfacher Ereignisse – einer Zugfahrt, des Treibens an einem Hafen, Naturbetrachtungen. Doch hinter allen Erscheinungen lauert etwas Unerklärliches und die Texte entpuppen sich bei näherer Betrachtung als Gratwanderungen zwischen Hell und Dunkel, zwischen Leben und Tod. Rätselhaftigkeit, Verluste, Düsternis und Gewalt sind Grundmotive, die sich durch sein gesamtes Œuvre ziehen. Sein erster Roman »The Dumb House« (1997; Ü: Das stumme Haus) erzählt von einem besessenen Mann, der an seinen Kindern erforschen will, ob die Seele in der Sprache wohnt, und sie isoliert im Keller aufwachsen lässt. In »The Mercy Boys« (1999) treffen vier junge Männer aus Dundee jeden Tag in einer Kneipe aufeinander, wo sie sich bis zur Bewusstlosigkeit betrinken – der Erste ist depressiv, der Zweite fährt ziellos mit der Eisenbahn durchs Land, der Dritte befindet sich in einer Traumwelt und der Vierte begeht schließlich eine unfassbare Gewalttat. »Glister« (2008; dt. 2009) bedient sich der Erzähltechniken des Horrorthrillers. Der Roman spielt an einem radioaktiv verseuchten Küstenstreifen einer schottischen Kleinstadt, deren Bewohner sich mit dem spurlosen Verschwinden von Jugendlichen abfinden, weil sie sie in einer besseren Welt als der ihren wähnen. Seine Kindheitserlebnisse und Drogenerfahrungen verarbeitete Burnside in seinem Roman »A Lie About My Father« (2006; dt. »Lügen über meinen Vater«, 2011). Der Protagonist wächst in einer Familie auf, die vor allem wegen des Alkoholismus des Vaters ein entbehrungsreiches Dasein in strukturschwachen Gegenden in Schottland und England fristet. Darüber hinaus bekommt er die psychische Gewalt seines Vaters zu spüren, bis er selbst den Drogen verfällt. Der Roman zeigt das Ausgeliefertsein eines Heranwachsenden an seine Eltern und die Ausweglosigkeit familiärer Beziehungen. Burnsides jüngster Roman »A Summer of Drowning« (2011; dt. »In hellen Sommernächten«, 2012) ist eine Spukgeschichte, die auf einer norwegischen Insel nördlich des Polarkreises spielt. Ähnlich wie in »Glister« beginnt sie mit dem spurlosen Verschwinden zweier Jungen, das ihre geistersehende Mitschülerin und Tochter einer Malerin aufklären will und sich dabei zusehends in die norwegische Sagenwelt verstrickt.
Burnside lehrt an der University of St. Andrews kreatives Schreiben, Literatur und Ökologie. Für seine Lyrik erhielt er 2011 den T. S. Eliot Prize sowie den Petrarca-Preis. 2012 wurde er mit dem Spycher: Literaturpreis Leuk ausgezeichnet. Der Autor lebt in Fife.
© internationales literaturfestival berlin
Die Spur des Teufels
Knaus
München, 2008
[Ü: Bernhard Robben]
Glister
Knaus, München, 2009
[Ü: Bernhard Robben]
Lügen über meinen Vater
Knaus
München, 2011
[Ü: Bernhard Robben]
Versuch über das Licht
Gedichte 1991–2009
Hanser
München, 2011
[Ü: Iain Galbraith]
In hellen Sommernächten
Knaus
München, 2012
[Ü: Bernhard Robben]