Jo Lendle
Jo Lendle wurde 1968 in Osnabrück geboren und wuchs in Göttingen auf. Nach dem kulturwissenschaftlichen Studium in Hildesheim und Montréal machte er einen weiteren Abschluss am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Bevor er 1997 als Lektor zum DuMont Buchverlag nach Köln wechselte, war er Herausgeber und Geschäftsführer der Literaturzeitschrift »Edit«. Bei DuMont wurde Lendle 2006 Programmleiter für deutschsprachige Literatur und 2010 verlegerischer Geschäftsführer. In ebendieser Funktion wird er Anfang 2014 die Nachfolge Michael Krügers beim Carl Hanser Verlag in München antreten. Parallel zu seiner Verlagsarbeit wirkt Jo Lendle als Dozent an verschiedenen Universitäten und betätigt sich selbst erfolgreich als Schriftsteller.
Das Debüt des Autors, »Unter Mardern« (1999), ist eine Sammlung von fünfzig Prosaminiaturen, die von präzisen, hintersinnigen Erinnerungen an »die Jahre der Turnbeutel«, wie er sie selbst nennt, geprägt sind. Ein kurzweiliges, höchst lebendiges Mosaik mit einer gehörigen Prise absurden Humors. Begeisterte dieser Band bereits die Kritikerzunft, so sorgte Jo Lendle mit seinem Romanerstling »Die Kosmonautin« (2008) erst recht für Furore: Die Protagonistin Hella Bruns tritt stellvertretend für ihren verstorbenen 13-jährigen Sohn einen in einem Preisausschreiben gewonnenen Weltraumflug an. Die Reise hin zur Abschussrampe der Rakete quer durch Osteuropa wird zu einer nachdenklichen Parabel über die Möglichkeit, dem Alltag und dem Schmerz zu entkommen. Dabei glänzt die Sprache des Autors durch »kafkaeske Exaktheit« (»Die Zeit«), sein Erzählstil »ist kurzweilig, deutet Zusammenhänge an statt aus und zeugt […] von impressionistischem Beschreibungstalent und subtilem Einfühlungsvermögen« (»Frankfurter Allgemeine Zeitung«). Auch sein zweiter Roman, »Mein letzter Versuch die Welt zu retten« (2009), hält mit seiner leichtfüßigen und dennoch tragischen Geschichte über die Castor-Proteste Mitte der achtziger Jahre, was der Erstling verspricht. Und in seinem bislang letzten Roman »Alles Land« (2011) gießt er das Leben des Kontinentaldrift-Entdeckers Alfred Wegener in Literatur und bewegt sich damit ganz in der Nähe anderer poetischer Biografen wie beispielsweise Sten Nadolny. »Lendles Romane sind vergnügliche, gescheite Bücher mit einem guten Gespür, die geistigen Umtriebe und Energien ihrer Zeit einzufangen«, resümierte »Die Zeit« über den Literaten und sein Schaffen. Sein nächster Roman steht für Herbst 2013 auf dem Programm und wird den Namen »Was wir Liebe nennen« tragen.
Der Verleger und Autor Jo Lendle wurde mit verschiedenen Auszeichnungen und Förderungen geehrt. So erhielt er u. a. den Leipziger Förderpreis für Literatur, war Stipendiat des Deutschen Literaturfonds, der Robert Bosch Stiftung und der Kunststiftung NRW. Er lebt seit Kurzem in München.
Unter Mardern
Suhrkamp
Frankfurt a. M., 1999
Die Kosmonautin
DVA
München, 2008
Mein letzter Versuch die Welt zu retten
DVA
München, 2009
Alles Land
DVA
München, 2011
Was wir Liebe nennen
DVA
München, 2013