Ion Grigorescu
- Deutschland, Rumänien
- Zu Gast beim ilb: 2008
Ion Grigorescu wurde 1945 in Bukarest geboren. Nach seinem Studium an der dortigen Akademie der Bildenden Künste arbeitete er bis 1979 als Zeichenlehrer in Busteni und in Bukarest. Daneben beteiligt er sich als Künstler und Kurator an zahlreichen, auch internationalen Ausstellungen. Zunächst von Neoimpressionismus und Expressionismus beeinflusst, wandte er sich bald dem Realismus zu, experimentierte mit den Medien der Fotografie und des Films und beschäftigte sich mit dem Problem der Verbindung von bewegten und unbewegten Bildern. In Fotoserien und Filmen, Projektionen, Foto-Übermalungen, Assemblagen, Lithografien, Zeichnungen und Katalogen thematisierte er immer wieder die eigene Leiblichkeit und verarbeitete sprachphilosophische und psychoanalytische Theorien.
Grigorescu gilt als einer der ersten rumänischen Konzeptkünstler. Seine experimentellen Fotografien von 1971, »Naştere« (Ü: Geburt) und »Hommage à Francis Bacon«, gelten als wichtige Vorläufer der rumänischen Body Art. Kennzeichnend für viele seiner Werke ist eine Art der Improvisation, durch die sowohl die Materialität der künstlerischen Medien als auch eine gewisse authentische Rohheit des Alltagslebens zum Vorschein kommen. »Der bitter-mystische Versuch wird unternommen, das Hässliche einer Neuordnung zu unterziehen, es durch eine spiritualisierte Assimilation dem Bereich des Ästhetik anzuverwandeln – ausgehend von der Tatsache, dass das Hässliche existiert und nicht ignoriert werden kann«, schrieb Ruxandra Balaci.
Insbesondere in den siebziger Jahren waren Selbst-Befragung und Selbstreflexionen Grigorescus große Themen, wie selbstverständlich in den Kontext der politischen Enge und Restriktionen in seinem Heimatland eingebettet. Der experimentelle Film »Box« (1977) zeigt einen Boxkampf von Grigorescu gegen sich selbst, in dem die Siegerfigur immer stärker verblasst. »Dialog cu Ceauşescu« (1978) führt einen fiktiven Dialog mit dem Dikator – von Grigorescu selbst gespielt – vor.
1982 zog sich Grigorescu vollständig aus der Kunstszene zurück. Bis 1990 widmete er sich ausschließlich der Restauration und Neugestaltung von Kirchenfresken und erlernte die Technik der Ikonenmalerei. »Es war eine Art Rückzug aus der Kunst und von den Ausstellungen. Ich habe versucht, eine Performance daraus zu machen, dass ich einfach nur lebe.«
Nach 1990 wurden Grigorescus Werk vermehrt auf internationalen Ausstellungen gezeigt, u.a. in Amsterdam, Los Angeles, Wien, Kassel, Mailand, Barcelona, Tokio, Stuttgart, Lissabon, Zürich und Berlin. Der Künstler war auf den Biennalen von Sao Paolo, Cetinje und Venedig vertreten. In seinen jüngsten Werken arbeitet er mit neuen Medien und Geräten wie DVD, Scanner und Digitalkamera. 2008 zeigte er die Ausstellungen »Superpositions« und »The Time Modified the Place« in Paris. Grigorescu lebt in Bukarest.
© internationales literaturfestival berlin
Übersetzer: Georg Aescht