Howard Jacobson
- Großbritannien
- Zu Gast beim ilb: 2016
Der britische Schriftsteller und Kritiker Howard Jacobson wurde 1942 in Manchester geboren und studierte am Downing College in Cambridge unter F.R. Leavis. Anschließend nahm er einen dreijährigen Lehrauftrag an der Universität Sydney an, bevor er zurückkehrte, um am Selwyn College in Cambridge zu unterrichten. Von 1974 bis 1980 lehrte er an der Wolverhampton Polytechnic. Auf dieser Erfahrung basiert sein erster Roman »Coming from Behind« (1983), eine Campus-Komödie über eine technische Lehranstalt, die vergeblich versucht, ihre Einrichtungen mit dem örtlichen Fußballclub zu teilen. Nach zwei weiteren Romanen veröffentlichte er 1987 »In the Land of Oz« (dt. »Im Herzen der Sehnsucht«), das von seiner Reise durch Australien erzählt.
Obwohl er vielen als »englischer Philip Roth« gilt, zieht er die Bezeichnung als »jüdische Jane Austen« vor – nicht aus mangelnder Bewunderung für Roth, sondern weil seine literarischen Vorbilder eher englische als amerikanische sind. Und während sein Witz durchaus eine jüdische Note hat, ist er auch von angelsächsischer Schärfe und Heftigkeit.
Seine Romane »Who’s Sorry Now?« (2002) und »Kalooki Nights« (2006) waren für den Man Booker Prize nominiert. Letzteren bezeichnete der Autor als »jüdischsten Roman, der je von irgendwem geschrieben wurde«. Ein jüdischer Karikaturist erinnert sich darin an seine Kindheit in einem britischen Vorort der 1950er Jahre und beginnt mithilfe eines Nachbarn, die Auswirkungen des Holocaust und die Schwierigkeiten jüdischer Identität nach dem Krieg zu verstehen. »The Act of Love« (2008; dt. »Die Liebesdienst«, 2012) wiederum spürt dem Reiz sexueller Eifersucht literarisch nach. Mit »The Finkler Question« (2010; dt. »Die Finkler-Frage«, 2011) kehrt Jacobson zu jüdischen Themen zurück und fragt danach, was es heißt, jüdisch zu sein in der heutigen Zeit. Die Komödie »Zoo Time« (2012; dt. »Im Zoo«, 2014), ausgezeichnet mit dem Everyman Bollinger Wodehouse Prize for Comic Writing, ist eine beißende Satire auf den zeitgenössischen Verfall der literarischen Kultur. Der Folgeroman »J« ist eine uncharakteristisch düstere Dystopie, in der eine Welt ohne Js imaginiert wird. »J« stand auf der Shortlist des Man Booker Prize. Jacobsons Adaption »Shylock is My Name« (2016; dt. »Shylock), bei der er sich als Kenner des Shakespeare’schen Œuvres erweist, stellt schließlich das vorurteilbehaftete Verhältnis von Juden und Christen infrage. Shylock selbst steht im Zentrum dieses Romans – immer noch quicklebendig und sehr bereit, über die heutige und damalige Stellung der Juden Auskunft zu geben. Shakespeare hat Jacobson sein Leben lang begleitet; bereits in seiner allerersten Veröffentlichung »Shakespeare’s Magnanimity« beschäftigte er sich essayistisch mit dem englischen Nationaldichter.
Howard Jacobsons Roman »The Finkler Question« wurde 2010 mit dem Man Booker Prize of Fiction ausgezeichnet, dem wichtigsten britischen Literaturpreis. Der Autor lebt in London.
Die Finkler-Frage
DVA
München, 2011
[Ü: Bernhard Robben]
Liebesdienst
DVA
München, 2012
[Ü: Thomas Stegers]
Im Zoo
DVA
München, 2014
[Ü: Friedhelm Rathjen]
J
DVA
München, 2015
[Ü: Friedhelm Rathjen]
Shylock
Knaus
München, 2016
[Ü: Werner Löcher-Lawrence]