Herta Müller
- Deutschland, Rumänien
- Zu Gast beim ilb: 2002, 2012, 2016, 2022
Herta Müller wurde 1953 in Nitzkydorf in der Region Banat, Rumänien, geboren und wuchs als Teil der dortigen deutschsprachigen Minderheit auf. Sie studierte Germanistik und Rumänische Literatur in Temeswar und war zunächst als Übersetzerin tätig. Weil sie die Zusammenarbeit mit dem rumänischen Geheimdienst Securitate verweigerte, wurde sie schikaniert und verleumdet, verlor ihr Büro und schließlich ihre Stelle. Ihr Debüt »Niederungen« [1982] welches das Leben der Banatschwaben in Rumänien schildert, wurde stark zensiert. 1987 siedelte Herta Müller in die Bundesrepublik Deutschland über. In der Folge übernahm sie zahlreiche Gastdozenturen und war als Writer in Residence an internationalen Institutionen zu Gast.
Herta Müller gilt heute als eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen der Gegenwart. In ihren Werken umkreist sie immer wieder die Auswirkungen der kommunistischen Diktatur auf das Individuum und beschreibt Menschen, die, ihrer Würde beraubt, in Angst leben. Beispielhaft hierfür ist ihr bislang erfolgreichster Roman »Atemschaukel« [2009], der die Deportation eines jungen Mannes – als Figur angelehnt an den 2006 verstorbenen Lyriker Oskar Pastior, mit dem Herta Müller eng befreundet war – in ein sowjetisches Arbeitslager schildert. Der Roman nimmt Bezug auf das Schicksal Zehntausender Rumäniendeutscher, darunter auch Herta Müllers Mutter, die im Januar 1945 in die UdSSR verschleppt wurden, um dort Zwangsarbeit zu leisten. »Mit seinem dichten Motivnetz schafft der Roman eine Intensität und Präsenz, die ihresgleichen in der zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur nicht haben. Ein Manifest der Erinnerung und der Sprache, deren komplexes Verhältnis es auf ergreifende Weise bezeugt. Ein Meisterwerk«, urteilte Michael Lentz in der »FAZ«. Im Jahr der Veröffentlichung wurde Herta Müller mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.
Viel positive Resonanz erhielten auch ihr autobiografisch gefärbter Roman »Herztier« [1994], der von vier jungen Rumänen handelt, die in den 1980er-Jahre dem Ceaușescu-Regime zu entkommen versuchen, und »Mein Vaterland war ein Apfelkern« [2014], in dem Herta Müller im Gespräch mit Angelika Klammer ihren eigenen Lebensweg schildert. »Es ist, wie in den erzählenden Büchern Herta Müllers, auch hier ihre Sprache mit den eigenwilligen, genauen Formulierungen und Bilder, in denen Vorstellung und Realität eins sind«, hob die »NZZ« hervor.
Die Autorin ist außerdem bekannt für ihre Collagen, für die sie aus Zeitungen und Zeitschriften ausgeschnittene Wörter und Bilder auf Postkartenformat zusammenstellt. Zuletzt erschien mit »Der Beamte sagte« [2021] eine ganze Erzählung, die auf diese Weise entstanden ist.
2022 wurde Herta Müller in den Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste aufgenommen. Sie lebt in Berlin.
Stand: 2022
Niederungen
Kriterion
Bukarest, 1982
Herztier
Rowohlt
Reinbek, 1994
Atemschaukel
Hanser
München, 2009
Mein Vaterland war ein Apfelkern
Hanser
München, 2014
Der Beamte sagte
Hanser
München, 2021