Henryk M. Broder
Henryk M. Broder , Schriftsteller und einer der bekanntesten Publizisten Deutschlands, wurde 1946 in Katowice geboren. 1958 kam er mit seinen Eltern in die Bundesrepublik, wo er Jura und Volkswirtschaft studierte. Als schreibender Satiriker, seit einigen Jahren als Journalist beim „Spiegel“, ist Broder in der Vergangenheit kaum einem deutschen Selbstverständigungsstreit aus dem Weg gegangen. In seinen Publikationen beschäftigt er sich auf kritisch-pointierte Weise mit Themen wie Nationalsozialismus, Judentum und der deutschen Linken. Die einen achten in ihm den scharfsinnigen Kolumnisten, die anderen fürchten den streitsüchtigen Polemiker. Einerseits spöttisch und ironisch, andererseits recherchierend und informiert, veröffentlichte Broder unzählige Texte. Die Textsammlung „Die Irren von Zion“ (1998) verfasste er zum 50. Jahrestag der Gründung des Staates Israel. Der Titel deutet in seiner Umkehrung des antisemitischen Mythos von den „Weisen von Zion“ schon die Unbefangenheit an, mit der sich Broder seinen Gegenständen nähert. In den zusammengestellten Reportagen, Essays, Interviews und Anekdoten wird der Leser in einem satirisch-komischen Tonfall mit dem zum Teil bitteren israelischen Alltag bekanntgemacht. „Provokant“ ist sicher das Wort, das am meisten mit Broder in Verbindung gebracht wird. So schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung nach der Veröffentlichung von „Erbarmen mit den Deutschen“ (1994): „Er ist ein erbarmungsloser Provokateur und klassischer Unruhestifter. Er macht nachdenklich und regt zur Veränderung an“. Diesem Ruf wird Broder auch durch seine Veröffentlichung „Kein Krieg, nirgends: Die Deutschen und der Terror“ (2002) gerecht. In dem auf Zitaten basierenden Buch dokumentiert Broder mit der für ihn typischen Bereitschaft zur Konfrontation die ersten Reaktionen deutscher Meinungsmacher zu den Ereignissen des 11. September 2001. Ob von Eugn Drewermann, Horst Eberhard Richter, Boris Becker, Wolfgang Joop, Günter Grass oder Peter Sloterdijk – jede erdenkliche zu diesem Thema gemachte Aussage in Radio, Zeitung, Talkshow oder Internet wurde registriert. Broder verfolgte die Debatte mit Geduld und Akribie und entlarvte den geistigen Routinemechanismus, der in der aktuellen Medienlandschaft vorherrscht. „Kein Krieg, nirgends“ ist die anregende, aber auch grausige Spiegelung des deutschen Feuilletons. 2003 erschien „www. Deutsche-Leidkultur.de“. Auch hier macht sich „Broders Fähigkeit des Auf-den-Punkt-Bringens, des Erkenntnis fördernden Vereinfachens“ (SZ) und des Beherrschens der Regeln des Polemisierens verdient, die seinen Texte im allgemeinen den Witz, den Esprit und den Nachdruck verleiht, der sie so wirksam wie beliebt macht. Henryk M. Broder gibt zusammen mit Hilde Recher alljährlich den „Jüdischen Kalender“ heraus, einen aktuellen Almanach zu Geschichte, Kultur und Politik. Zuletzt erschien seine Sammlung „Hurra, wir kapitulieren“ mit Glossen, die gegen westliche Toleranz gegenüber dem Islamismus polemisieren. Henryk M. Broder lebt in Berlin und Jerusalem.
© internationales literaturfestival berlin
Die Schere im Kopf: Über Zensur und Selbstzensur
Bund-Verlag
Köln, 1979
Ich liebe Karstadt und andere Lobreden
Ölbaum
Augsburg, 1987
Erbarmen mit den Deutschen
Hoffmann & Campe
Hamburg, 1994
Die Irren von Zion
Hffmann & Campe
Hamburg, 1998
Volk und Wahn
Goldmann
München, 1998
www.DeutscheLeidkultur.de
Ölbaum
Augsburg, 2002
Kein Krieg, nirgends: Die Deutschen und der Terror
Berlin Verlag
Berlin, 2002
Der ewige Antisemit: Über Sinn und Funktion eines beständigen Gefühls
BTB
Berlin, 2005
Der Nächste, bitte!
Ölbaum
Augsburg, 2006
Hurra, wir kapit uli eren!
wjs Verlag
Berlin, 2006