Hans Christoph Buch
Hans Christoph Buch, geboren 1944 in Wetzlar, wuchs in Wiesbaden, Marseille und Kopenhagen auf. Nachdem er als 19-Jähriger vor der Gruppe 47 gelesen hatte, erhielt er ein Stipendium des Literarischen Colloquiums Berlin. Er studierte an der Freien und an der Technischen Universität Berlin Germanistik und Slawistik und promovierte 1972 bei Walter Höllerer. Anschließend arbeitete er als Lektor des Rowohlt Verlags und war Mitbegründer und Herausgeber von dessen »Literaturmagazin«. Lehraufträge führten ihn in den siebziger Jahren an die Universitäten von Bremen und Essen, später ging er als Gastdozent nach Kalifornien, New York und Texas und unternahm Vortrags- und Lesereisen durch Westafrika und Südamerika.
Als Romancier, Essayist und Reporter verbindet Buch Literatur und Politik. Nach frühen Sammlungen von Kurzgeschichten und literaturtheoretischen Essays veröffentlichte er 1984 seinen Debütroman »Die Hochzeit von Port-Au-Prince«, den ersten Band seiner »Haiti-Trilogie«. Darin verweben sich detaillierte Schilderungen und literatur- und kulturhistorische Verweise mit Lebensbildern von Buchs Großvater, der nach Haiti auswanderte und dort eine Einheimische heiratete, sowie anderen Einwanderern. In den neunziger Jahren schrieb Buch als Kriegsberichterstatter, überwiegend aus Afrika, für »DIE ZEIT«, »Die Welt« u. a. In seinen Reportagen über Krisenregionen und Kriegsschauplätze erweist sich Buch als scharfer und unnachsichtiger Beobachter, der lieber Ambivalenzen und Widersprüche verdeutlicht, als sich an der »sozialromantischen Glorifizierung der Dritten Welt« zu beteiligen, wie er es in dem Roman »Kain und Abel in Afrika« (2001) formulierte. Im Romanessay »Apokalypse Afrika oder Schiffbruch mit Zuschauern« (2011) wirft der Autor erneut einen poetischen Blick auf das postkoloniale Afrika. In der Erzählung »Tod in Habana« (2007) schildert er in Anlehnung an Thomas Manns »Tod in Venedig« den moralischen Verfall Kubas und seines politischen Systems. Mit »Das rollende R der Revolution« (2008) lieferte er einen gleichermaßen subjektiven wie differenzierten Einblick in die sozialen und politischen Strukturen lateinamerikanischer Länder. 2011 veröffentlichte er gemeinsam mit Peter Schneider, André Glucksmann und Bernard-Henri Lévy anlässlich der Euroschuldenkrise das Manifest »Mehr Europa wagen«, einen energischen Appell für die politische Utopie Europas. 2016 erschien sein Roman »Elf Arten, das Eis zu brechen«, eine Recherche über seine Familie und der Versuch, mithilfe der Literatur das Eis des Schweigens zu brechen.
Buch ist auch als Herausgeber, Übersetzer, Moderator literarischer und politischer Gespräche sowie Kommentator des Zeitgeschehens tätig. Er ist Officier de l’Ordre des Arts et des Lettres und erhielt 2004 den Preis der Frankfurter Anthologie, 2011 den Schubart-Literaturpreis und 2014 den Ehrendoktor der Universität Bern. Er lebt in Berlin und bei Gorleben im Landkreis Lüchow-Dannenberg.
Die Hochzeit von Port-au-Prince
Suhrkamp
Frankfurt a. M., 1984
Kain und Abel in Afrika
Volk & Welt
Berlin, 2001
Tod in Habana
Frankfurter Verlagsanstalt
Frankfurt a. M., 2007
Reise um die Welt in acht Nächten
Frankfurter Verlagsanstalt
Frankfurt a. M., 2009
Apokalypse Afrika oder Schiffbruch mit Zuschauern
Eichborn
Frankfurt a. M., 2011
Baron Samstag oder das Leben nach dem Tod
Frankfurter Verlagsanstalt
Frankfurt a. M., 2013
Boat People
Literatur als Geisterschiff
Frankfurter Verlagsanstalt
Frankfurt a. M., 2014
Elf Arten, das Eis zu brechen
Frankfurter Verlagsanstalt
Frankfurt a. M., 2016