Gulraiz Ahmed Sharif
- Norwegen
- Zu Gast beim ilb: 2022
Gulraiz Sharif wurde 1984 als Kind pakistanischer Eltern in Norwegen geboren und arbeitet in Oslo als Grundschullehrer.
2020 legte er mit »Hør her’a!« [dt. »Ey hör mal!«, 2022] seinen Debütroman vor. Hauptfigur ist der fünfzehnjährige Mahmoud Marouf, der den Sommerferien mit gemischten Gefühlen entgegenblickt. Keine Schule zu haben ist schon mal gut. Aber während viele seiner norwegischen Mitschüler:innen verreisen, kann Mahmouds Familie – seine Eltern stammen aus Pakistan, er selbst wurde in Norwegen geboren – sich das nicht leisten. Also hockt Mahmoud, große Klappe, goldenes Herz, zusammen mit seinem einäugigen Freund Arif aus Somalia auf der Bank vor ihrem Wohnblock. Als Mahmouds Familie für zwei Monate Besuch von Onkel Ji aus Pakistan bekommt, nehmen die Ferien doch noch Fahrt auf. Mahmoud darf für seinen Onkel den Stadtführer spielen, und der ist so begeistert von Norwegen, dass er am liebsten sofort Asyl beantragen würde. Doch das ist im Norwegen des Jahres 2020 nicht so einfach … Derweil verhält sich Ali, Mahmouds kleiner Bruder, nicht ganz so, wie der Onkel es gerne hätte oder wie es gemeinhin von einem Pakistani-Jungen erwartet wird. Ali spielt mit Barbies, schaut mit seiner Mutter Bollywood-Romanzen, die Disney-Prinzessin Elsa ist seine Heldin. Eines Nachts vertraut er Mahmoud an, dass er lieber ein Mädchen wäre. Bald weiß die ganze Familie von dem Wunsch, und vor allem der konservative muslimische Vater hat damit seine Probleme. Doch Mahmoud ist ein guter Sohn und ein toller großer Bruder. Er lässt nicht zu, dass die Familie ihren Zusammenhalt verliert.
Gulraiz Sharif verleiht seinem Ich-Erzähler eine originelle, unverwechselbare Stimme. »Forsch bis zur Unflätigkeit schmeißt Mahmoud mit Floskeln und Fäkalbegriffen um sich, um gleichzeitig den kleinen Bruder mit Zärtlichkeiten zu überschütten. Emotional wie sprachlich schwankt der 15-Jährige heftig hin und her – was typisch ist für das Alter, sich für Außenstehende aber außerordentlich witzig liest«, so der Deutschlandfunk. Dass sich zu Themen wie Rassismus und Klassismus auch das der Identität gesellt, wurde von der Kritik ebenfalls positiv hervorgehoben. »›Ey hör mal‹ steht in der Tradition einer skandinavischen Literatur, die einen hohen Realitätsanteil hat, hart und sozialkritisch ist, aber gleichzeitig eine positive Utopie entwirft. Gulraiz Sharif ist ein sehr norwegischer Autor«, resümierte die »Zeit«.
»Hør her’a!« wurde mit dem Debütpreis für Kinder- und Jugendliteratur des norwegischen Kulturministeriums ausgezeichnet. Eine Verfilmung des Romans für das Kino ist in Planung. Gulraiz Sharif lebt in Oslo.
Stand: 2022
Ey hör mal!
Arctis
Zürich, 2022
[Ü: Sarah Onkels u. Meike Blatzheim]