Gerdur Kristný
- Island
- Zu Gast beim ilb: 2011
Gerður Kristný (Guðjónsdóttir) wurde 1970 in Reykjavík geboren. Sie schloss ihr Studium der französischen Sprache und Allgemeinen Literaturwissenschaft an der Universität Islands mit einer Arbeit über die Ästhetik der »Fleurs du mal« von Charles Baudelaire ab. Als Kolumnistin der auflagenstärksten isländischen Zeitung »Fréttablaðið« schrieb sie insbesondere über das Thema der Gleichberechtigung der Frau in der isländischen Gesellschaft. Seit dem Ende ihrer Tätigkeit als Chefredakteurin des Magazins »Mannlíf« arbeitet sie hauptberuflich als freie Schriftstellerin und hat seit 1994 achtzehn Bücher von »wild wuchernder Verschiedenheit« vorgelegt (so das Webportal »Sagenhaftes Island«): Romane, Sammlungen von Kurzgeschichten, Kinderbücher, eine Biografie, ein Reisebuch, Gedichtbände und Beiträge für Anthologien.
Bereits in ihrem ersten Buch, dem Gedichtband »Ísfrétt« (1994; Ü: Eisnachricht) setzt sie sich mit der mittelalterlichen isländischen Literatur, insbesondere der »Lieder-Edda« auseinander. Das darin enthaltene Gedicht »Til Skírnis« (Ü: An Skírnir) bezieht sich auf das eddische »Lied von Skírnir« über den Gott Freyr, der – als er sich unerlaubt auf Odins Thron setzt – die Riesin Gerður in der Riesenwelt erblickt und sich in sie verliebt. Er schickt seinen Boten Skírnir aus, dem es gelingt, Gerður nach Asgard, dem Sitz der Götter, zu bringen. Der 2010 erschienene Gedichtband »Blóðhófnir« (Ü: Bluthuf) thematisiert die blinden Flecken des Edda-Liedes, zeigt u. a. die massiven Drohungen, mit denen Skírnir Gerður einschüchtert und die Riesin zwingt, nach Asgard zu gehen, um dort den Männern zu dienen. »Blóðhófnir« wurde mit dem Isländischen Literaturpreis 2011 ausgezeichnet, der höchsten Auszeichnung für isländische Literatur. Für ihr Kinderbuch »Garðurinn« (2010; dt. »Der letzte Tag des Jahres«, 2011) erhielt sie den West-Nordischen Kinderbuch-Preis. Der mit Elementen der Gothic Novel arbeitende Roman erzählt die Geschichte eines Mädchens namens Eyja, das mit seinen Eltern in die Weststadt Reykjavíks zieht. Eyja ist beunruhigt über die Nähe eines alten Friedhofs, den sie von ihrem Zimmerfenster aus sehen kann. Als Eyjas Vater erkrankt, ahnt Eyja, dass dies mit einem mysteriösen Lehnstuhl zu tun hat, den die Familie kürzlich erstand. Gemeinsam mit einem neuen Freund namens Sölvi betritt sie den Friedhof, um das Geheimnis zu lüften.
Weitere Auszeichnungen der Autorin: Isländischer Kinderbuchpreis (2003) für »Marta Smarta« (Ü: Die smarte Marta), Halldór-Laxness-Literaturpreis (2004) für ihren Roman »Bátur með segli og allt« (Ü: Ein Boot mit Segel und allem), Jón úr Vör Poesie-Preis (2010) und Guðmundur Böðvarsson Poesie-Preis (2010). Gerður Kristný lebt in Reykjavík.
© internationales literaturfestival berlin
Die letzte Nacht des Jahres
Bloomsbury
Berlin, 2011
[Ü: Karl-Ludwig Wetzig]