23. ilb 06. – 16.09.2023
Portrait Ellen Hinsey
© Adine Sagalyn

Ellen Hinsey

Die Lyrikerin Ellen Hinsey wurde 1960 in Boston, Massachusetts, geboren. Sie studierte Literatur an der Tufts University und an der Université Paris VII. Seit nun fast dreißig Jahren lebt sie in Europa, wo sie zunächst an der Ecole Polytechnique unterrichtete und derzeit am Lehrprogramm des Skidmore College in Paris mitwirkt. Hinseys Fortgang aus den Vereinigten Staaten brachte eine bewusste Abwendung von dem vorherrschenden bekenntnishaften Ton zeitgenössischer amerikanischer Lyrik mit sich. In Europa fand sie ihre eigene Stimme, die sich aus dem ständigen Dialog mit Philosophie und Geschichte speist.

1996 wurde Hinseys erster Gedichtband, »Cities of Memory« (Ü: Städte der Erinnerung), mit dem Yale University Series Award ausgezeichnet, der anerkanntesten amerikanischen Ehrung für ein lyrisches Debüt. »Cities of Memory« ergründet die Verbindung von subjektiver Erfahrung mit Ereignissen, die das historische Bewusstsein am Ende des 20.Jahrhunderts ausmachen. Bildermächtige Verse behandeln Sujets wie Freuds Weggang aus Wien, den Bau der Berliner Mauer sowie das Exil der russischen Schriftstellerin Marina Zwetajewa in dem Pariser Vorort Clamart. 2002 erschien der Nachfolgeband »The White Fire of Time« (Ü: Das weiße Feuer der Zeit), der in die Buchauswahl der United Poets for Peace für den Monat Dezember aufgenommen wurde. Als Vorarbeit für »Update on the Descent« (2009; Ü: Vorbereitung auf den Abstieg) und in der langen Tradition von Lyrik als Geschichtszeugnis recherchierte Hinsey drei Jahre in Den Haag am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien. 2007 erreichte Hinsey mit diesem Lyrikband die Endausscheidung der National Poetry Series. Eine Sammlung von Aufsätzen, die sie als Korrespondentin für »The New England Review« über Demokratie in Mittel- und Osteuropa schrieb und die ihr 2012 sowie 2013 Nominierungen für den Pushcart Prize einbrachten, wird 2016 unter dem Titel »Mastering the Past« (Ü: Vergangenheitsbewältigung) erscheinen. Nachdem Hinsey bereits Gedichte von Tomas Venclova herausgegeben und mit übersetzt hatte (»The Junction«, 2008), werden die in Dialogform geschriebenen Memoiren dieses Autors, »Magnetic North: Conversations with Tomas Venclova«, 2016 auf Deutsch erscheinen. Hinseys Übersetzungen zeitgenössischer französischer Autoren wurden u.a. mit dem Poetry’s Union League Civic and Arts Poetry Prize ausgezeichnet. Zuletzt erschien Hinseys Übertragung von Zhu Xiao-Meis Autobiografie »The Secret Piano: From Mao’s Labor Camps to Bach’s Goldberg Variations« (2012).

Hinsey war Gast zahlreicher literarischer Veranstaltungen wie etwa des Dublin Festival of Literature und wurde u.a. zu Lesungen von den Universitäten Bonn, Bayreuth und London eingeladen. 2015 ist sie Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD.

Unter folgendem Link können Sie sich die Veranstaltung mit Ellen Hinsey auf dem 20. ilb auf unserem YouTube-Kanal ansehen: https://youtu.be/05_hqVmKrPM

Bibliographie

Cities of Memory

Yale University Press

New Haven, 1996

The White Fire of Time

Wesleyan University Press

Middletown, 2002

Update on the Descent

Bloodaxe Books

Northumberland, 2009

Der magnetische Norden

Gespräch mit Tomas Venclova in: Schreibheft 81 (2013)

Suhrkamp

Berlin, 2016