
Elif Shafak
Elif Shafak wurde 1971 als Tochter türkischer Eltern in Straßburg geboren. Nach deren Scheidung lebte sie in der Türkei bei ihrer Mutter, die später als Diplomatin nach Spanien und Jordanien ging, wo Shafak aufwuchs. Sie studierte Soziologie und Kommunikationswissenschaften an der Middle East Technical University in Ankara und erwarb einen Magister am Fachbereich für Frauen- und Genderstudien und einen Doktortitel an der Fakultät für Politikwissenschaft.
Ihr literarisches Debüt legte sie 1994 mit der Erzählung »Kem Gözlere Anadolu« vor, gefolgt von ihrem ersten Roman »Pinhan« (1997; Ü: Der Verborgene), für den sie mit dem Mevlana (Rumi) Award für Werke im Bereich der islamischen Mystik ausgezeichnet wurde. Mit »Şehrin Aynaları« (1999; dt. »Spiegel der Stadt«, 2004), einem historischen Roman über eine Liebe zu Zeiten der Inquisition, der den Preis des türkischen Schriftstellerverbands erhielt, gelang ihr endgültig der Durchbruch. Shafak benutzt in ihren Werken häufig Begriffe, Wendungen und Konstruktionen aus dem Osmanischen, das in progressiven Kreisen als veraltet und rückwärtsgewandt gilt, setzt sie jedoch spezifisch poetisch ein und will damit das osmanische Erbe mit der modernen Republik versöhnen. Da sie auch die wunden Punkte der türkischen Gesellschaft berührt sowie Angehörige ausgegrenzter und tabuisierter Personengruppen zu Protagonisten ihrer Werke macht, wurde sie vor allem von Ultranationalisten heftig attackiert. So führte die Thematisierung der Verfolgung der Armenier in »The Bastard of Istanbul« (2006; dt. »Der Bastard von Istanbul«, 2007) zu heftigen Reaktionen in der Türkei. Bei einem Gerichtsprozess wegen »Verunglimpfung des Türkentums« wurde sie freigesprochen, war sich aber fortan der Gefahr der Selbstzensur bewusst: »Die Schere im Kopf, mit der du deine eigenen Worte beschneidest, das ist das Schlimmste, das einem Schriftsteller passieren kann.« Mit der Geschichte um eine junge türkische Studentin in Oxford, die zwischen der traditionellen Religiosität ihrer Mutter und der Weltoffenheit ihres Vaters hin- und herschwankt, erzählt Shafak in ihrem jüngsten Roman »Havva’nın Üç Kızı« (2016; dt. »Der Geruch des Paradieses«, 2016) vor dem Hintergrund der Ereignisse um 9/11 von den Schwierigkeiten der Herauslösung des Gottesbegriffs aus dem Kontext religiöser Vorstellungen.
Elif Shafaks Bücher, darunter zehn Romane, wurden in mehr als vierzig Sprachen übersetzt. Sie lehrt und forscht an der Abteilung für Nahost-Studien der University of Arizona in Tucson und der Kingston University in London. Shafak gehört zu den fünfzig Gründungsmitgliedern des paneuropäischen Think-Tank European Council on Foreign Relations. Sie lebt in Istanbul und London.
Spiegel der Stadt
Literaturca
Frankfurt a. M., 2004
[Ü: Beatrix Caner]
Der Bastard von Istanbul
Kein & Aber
Zürich, 2007
[Ü: Juliane Gräbener-Müller]
Die vierzig Geheimnisse der Liebe
Kein & Aber
Zürich, 2013
[Ü: Michaela Grabinger]
Ehre
Kein & Aber
Zürich, 2014
[Ü.: Michaela Grabinger]
Der Geruch des Paradieses
Kein & Aber
Zürich, 2016
[Ü: Michaela Grabinger]