Eduardo Halfon
- Guatemala
- Zu Gast beim ilb: 2014
Eduardo Halfon wurde 1971 in Guatemala-Stadt geboren. Im Alter von zehn Jahren wanderte er mit seinen Eltern in die USA aus, kehrte nach einem Wirtschaftsingenieur-Studium an der North Carolina State University aber wieder nach Guatemala zurück, um acht Jahre lang an der Universidad Francisco Marroquín Literatur zu lehren. Bilingual aufgewachsen, entschied sich Halfon für Spanisch als Sprache seiner Kurzgeschichten und Romane.Sein Debüt als Autor feierte er 2003 mit dem Roman »Esto no es una pipa, Saturno« (Ü: Dies ist keine Pfeife, Saturn), der den rätselhaften Selbstmord des legendären guatemaltekischen Malers Carlos Valenti im Jahr 1912 in Paris aus verschiedenen Perspektiven untersucht und Verbindungen zu den Freitoden anderer Künstler herstellt. Nach mehreren weiteren Veröffentlichungen wie dem Roman »Clases de dibujo« (2009; Ü: Zeichenklassen; XV Premio Literario Bodegas Olarra & Café Bretón) und der Kurzgeschichte »La pirueta« (2010; Ü: Die Pirouette; XIV Premio de Novela Corta José María de Pereda) erschien 2011 der Roman »Mañana nunca lo hablamos« (Ü: Morgen werden wir nie darüber gesprochen haben). Halfon verarbeitet darin fiktiv seine Kindheit im gewaltbeherrschten Guatemala der Siebziger. 2011 erhielt der Schriftsteller ein Guggenheim-Stipendium für die Arbeit an dem ersten auf Englisch verfassten Roman »The Polish Boxer« (2012; dt. »Der polnische Boxer«, 2014). Auch dieser Text ist tief in persönlicher Erfahrung verwurzelt. Der Erzähler der Geschichte ist eine Figur, die mit dem Autor nicht nur den Namen, sondern auch viele andere Merkmale teilt: Eduardo ist ein mit seinem Glauben hadernder Jude, der in den USA studierte, ebenfalls ein Guggenheim-Stipendium erhielt sowie Literatur an einer Universität in Guatemala lehrt. Unzufrieden mit ihrer Klasse desinteressierter Studenten, macht sich die Hauptfigur auf die Suche nach ihrem schon lange aus den Augen verlorenen serbischen Brieffreund Milan Rakić. Ein zentrales Thema des Romans ist Eduardos jüdische Herkunft, genauer gesagt: die Geschichte seines Großvaters, der das Konzentrationslager Auschwitz dank der Ratschläge und der Hilfe eines polnischen Boxers – auf den der Titel verweist – überlebte. Ursprünglich als Sammlung von Kurzgeschichten geplant, erzählt der Roman in zehn losen Kapiteln (analog zu Runden im Boxen), welche die Haupthandlung rahmen, die Geschichten mehrerer Figuren. Halfon verfolgt auch in diesem Werk seine Vorstellung von Literatur als »bloß ein guter Trick, wie auch Zauberer oder Hexer sie verwenden, um die Wirklichkeit vollständig erscheinen zu lassen, um vorzutäuschen, die Wirklichkeit sei eins und in sich abgeschlossen«.Eduardo Halfon lebt heute in Nebraska.
Esto no es una pipa, Saturno
AlfaguaraGuatemala, 2003
Clases de dibujo
AMGLogroño, 2009
La pirueta
Pre-Textos Valencia, 2010
Mañana nunca lo hablamos
Pre-Textos Valencia, 2011
Der polnische Boxer
Hanser München, 2014
[Ü: Peter Kultzen u. Luis Ruby]