Eduardo Chirinos
- Peru
- Zu Gast beim ilb: 2003
Eduardo Chirinos wurde 1960 in der peruanischen Hauptstadt Lima geboren. In diesem konfliktiven Land, das manche große Dichter wie César Vallejo und Blanca Varela oder Schriftsteller wie Julio Ramón Ribeyro und Mario Vargas Llosa hervorgebracht hatte, verbrachte er als erstgeborener Sohn von fünf Geschwistern seine Kindheit und Schulzeit, ohne über Bücher im Elternhaus zu verfügen oder in der Schule literarisch gefördert worden zu sein. „Die Poesie ist ein Verhängnis, das man akzeptiert oder nicht“, resümiert Eduardo Chirinos heutzutage lakonisch, wenn er die paradoxen Ursprünge des Schreibens hinterfragt. Die ersten Gedichte schrieb er mit 17 Jahren, schrieb sie jedoch aus Schüchternheit einem anderen zu, nämlich Horacio Morell, einem Dichter, der Selbstmord beging. Mit 21 Jahren veröffentlichte er in Lima den Debütband „Cuadernos de Horacio Morell“ („Hefte von Horacio Morell“). In den folgenden zehn Jahren, auch schon während seines Studiums der Linguistik und Kulturwissenschaften an der Katholischen Universität von Lima, erschienen weitere sieben Gedichtbände, vier in Lima und drei in Madrid. Dennoch versteht er sich nicht als Vielschreiber; seiner Vermutung nach ist „jedes Buch der Vers eines einzigen Gedichts“, das von ihm nie vollendet werden kann. Er zählt altersmäßig zur heterogenen peruanischen „Generación del ochenta“ („Generation der achtziger Jahre“) und entfaltete in seinen frühen Gedichten eine erfrischend ruhige, ironische, fast dunkle und melancholische Epik des Alltags. Eduardo Chirinos bereiste einige Länder, die er zuvor durch ihre Dichter erkundschaftete und für sich als weiße Seiten erfuhr, die beschrieben werden wollten. Inzwischen wechselte er als Teaching Assistant zur Rutgers University, New Jersey, wo er sein Doktorat in Hispanischer Literatur absolvierte. Nach mehreren Gastprofessuren in Venezuela und in den USA lebt er nun seit 2000 in Missoula und unterrichtet als Literaturprofessor an der University of Montana. Nach einer Publikationspause von sieben Jahren legte er zwischen 1998 und 2003 fünf neue Lyrikbände vor, zwei in Peru und drei in Spanien, die sich durch seinen gereiften Kompositionsstil und neue ästhetische Strategien wie Verknappung und Selbstironie auszeichnen, darunter 1998 in Lima „El Equilibrista de Bayard Street“ („Der Seiltänzer der Bayard Street), 2000 „Abecedario del agua“ („Alphabet des Wassers“) und – ebenfalls in Valencia – 2003 „Escrito en Missoula“ („In Missoula geschrieben“). Für seinen Gedichtband „Breve historia de la música“ („Kleine Musikgeschichte“), der 2001 in Spanien herauskam, erhielt er in der Kategorie „Innovative Lyrik Lateinamerikas“ den Madrider Premio Casa de América (2001). Das Verhängnis der Poesie ist sowohl Freiheit als auch Zwang, weiß der peruanische Autor, der in seinem eigenen Schreiben die Gegensätze von Traum und Wachheit aufzulösen vermag, wenn sich das Wachsein der Musik des Traumes bedient – und der Traum, der Musik des Wachbewusstseins.
© internationales literaturfestival berlin
Selected Poems/Sellectión poética
Luz Bilingual Publishing
Tarzana, Kalifornien, 1998
Übersetzung: Gary J. Racz
Abecedario del agua
Pre-Textos
Valencia, 2000
Epístola a los transeúntes
Fondo Editorial de la Pontificia Universidad Católica del Perú
Lima, 2001
Breve istoria de la música
Visor
Madrid, 2001
Escrito en Missoula
Pre-Textos
Valencia, 2003
El Fingidor
Fondo Editorial de la Pontificia Universidad Católica del Perú
Lima, 2003
Derrata del otoño [1978-2002]
Filodecaballos
Guadalajara, 2003
Nueve miradas sin dueño
Fondo Editorial de la Pontificia Universidad Católica del Perú
Lima, 2004
No tengo ruiseñores en el dedo
Pretextos
Valencia, 2006
Übersetzer: Juana und Tobias Burghardt