Don Paterson
- Großbritannien
- Zu Gast beim ilb: 2008
Don Paterson wurde 1963 im schottischen Dundee geboren. Der passionierte Gitarrist brach mit 16 Jahren seine Schulausbildung ab, hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und ging 1984 nach London, um als Musiker zu arbeiten. Dort begann er sich mit Lyrik zu beschäftigen und schrieb erste Gedichte. Sein mehrfach ausgezeichnetes Debüt »Nil Nil« (Ü: Null-Null; dt. in »Kerzenvogel«, 2006) erschien 1993, als er sich bereits mit dem Jazz-Folk-Ensemble »Lammas« etabliert hatte. Seit 1995 ist er Lyrik-Redakteur für einen großen englischen Verlag in London und unterrichtet an der schottischen University of St Andrews.
Patersons lyrische Kunst stößt auf einhellige Bewunderung. Bislang legte er vier Bände mit Gedichten vor, die größtenteils ins Deutsche übersetzt wurden. Die Texte vereinen eine enorme Bandbreite lyrischen Sprechens: Die mit Sorgfalt und hohem Bewusstsein genutzten lyrischen Formen reichen vom konkreten Gedicht bis hin zum Sonett – und sie leben vom ständigen Bruch mit selbstproduzierten Mustern und den Erwartungen des Lesers. Wechselnde Rhythmen und Reimformen organisieren die Zeilen. Gewöhnliche Kontexte werden evoziert, aufgelöst und von neuen Verbindungen zwischen den Wörtern abgelöst. Der Ton ist mal formal, mal umgangssprachlich, zuweilen klar, dann opak. Alle Gegensätze fügen sich wie mühelos in eine Struktur multipler textinterner und -externer Anklänge. »Poesie ist eine Form der Magie«, erläuterte der Dichter in einem Vortrag. »Sie versucht unsere Wahrnehmung der Welt zu verändern, gleichsam die Textur unserer Wahrnehmung biegsam zu machen. Sie tut das mit trügerischen und verschlagenen Mitteln, indem sie Dinge mit solcher Kraft und heimtückischer Originalität in das Gedächtnis und die Vorstellungskraft des Lesers einpflanzt, dass sie daraus nicht mehr gelöscht werden können. Und diese neue Erinnerung ändert die Art des Denkens.«
Alltagsmotive wie ein Billardspiel in einem Pub oder eine Bahnhofsansage können ebenso zum Ausgangspunkt der lyrischen Verwandlung werden wie fremdsprachige Gedichte. So finden sich Adaptionen von Kavafis und Rilke in Patersons letztem Gedichtband »Landing Light« (2003; dt. »Weiß wie der Mond«, 2006). Mit »The Eyes« (1999; Ü: Die Augen) und »Orpheus« (2006) veröffentlichte Paterson auch zwei Einzelbände mit Übertragungen von Machado und Rilke. Neben der Herausgabe von Gedichtanthologien schrieb Paterson auch Hörspiele, Theaterstücke und zwei Bücher mit Aphorismen, zuletzt »The Blind Eye« (2007; Ü: Das blinde Auge).
Zu den zahlreichen Auszeichnungen des Dichters zählen der Whitbread Poetry Prize, der Geoffrey Faber Memorial Prize und der T.S. Eliot Prize, den Paterson zwei Mal erhielt. Er lebt in St Andrews in der Grafschaft Fife.
© internationales literaturfestival berlin
God’s Gift to Women
Faber
London, 1997
The Eyes
Faber
London,1999
Don’t ask me what I mean [Hg.]
[ mit Clare Brown]
Picador
London,2003
The Book of Shadows
Picador
London, 2004
Kerzenvogel
Luchterhand
München, 2006
[Ü: Henning Ahrens]
Orpheus
Faber & Faber
London, 2006
Weiß wie der Mond
Luchterhand
München, 2006
[Ü: Henning Ahrens]
The Blind Eye
Faber & Faber
London, 2007
[Übersetzung: Jürgen Brôcan, Henning Ahrens]