Dea Loher
- Deutschland
- Zu Gast beim ilb: 2010, 2012
Dea Loher
Dea Loher wurde 1964 in Traunstein geboren. Bis 1988 studierte sie Germanistik und Philosophie in München; danach reiste sie zum ersten Mal nach Südamerika, wo sie seither immer wieder lebt und arbeitet. 1990 belegte sie den Studiengang Szenisches Schreiben bei Heiner Müller und Yaak Karsunke an der Hochschule der Künste Berlin.
Ihr erstes Stück »Olgas Raum« wurde 1992 am Hamburger Ernst-Deutsch-Theater uraufgeführt. Es folgten »Tätowierung« (1992), »Leviathan« (1993), »Fremdes Haus« (1995), »Blaubart« (1997) sowie »Adam Geist« (1998). Dea Loher gehörte schnell zu den meistgespielten und produktivsten jungen Theaterautorinnen. Ihr Stilprinzip ist das der »Diskursvermehrung als einer Antwort auf die Frage nach dem politischen Theater« (»Theater heute«). Ihre Stücke sind stets in der modernen Gesellschaft verortet und machen elementarste menschliche Erfahrungen sichtbar. Seit 1995 verbindet sie eine enge künstlerische Zusammenarbeit mit dem Regisseur Andreas Kriegenburg, der die meisten ihrer Stücke zur Uraufführung brachte. Dea Lohers dramatisches Werk wurde mit zahlreichen Preisen gewürdigt, u. a. dem Else-Lasker-Schüler-Preis, dem Mülheimer Dramatikerpreis und dem Bertolt-Brecht-Preis.
2005 legte sie mit dem Erzählband »Hundskopf« ihr Prosadebüt vor. Wie auch in ihren Theaterstücken zeichnet sie Porträts von Randfiguren der Gesellschaft, die vor der Herausforderung stehen, ungekannte Grenzen zu überschreiten. In der Titelerzählung beispielsweise wird einem Hamburger Kneipier unvermittelt ein Auftragsmord angetragen mit der Aussicht auf eine Entlohnung, die seine verfahrene private Lage ändern würde. Nach einigem Zögern erschießt er schließlich einen Hund und kocht dessen Kopf aus, den er sich als Mahnmal für die überwundene Versuchung auf den Schreibtisch stellt. Mit ihrem kühlen, berichtenden Ton wahrt Dea Loher Distanz zu ihren Figuren. Sie nutzt die Bandbreite des dramatischen Realismus, ihre Sprache ist sachlich und lakonisch, sie überlässt den Leser kommentarlos dem getragenen, ruhigen Erzählfluss ihrer Geschichten. 2012 erschien ihr erster Roman »Bugatti taucht auf«, in dem sie zwei reale Begebenheiten verarbeitet: die Hatz auf einen jungen Mann, der in der Fastnacht 2008 von einer Gruppe Jugendlicher totgeschlagen wird, und die Suche eines Tauchers nach dem Wrack eines seit 75 Jahren auf den Grund des Lago Maggiore versunkenen Bugatti Brescia 22. Der Erlös aus dem gehobenen Fahrzeug soll einer Stiftung gegen Jugendgewalt zukommen, womit Dea Loher die beiden Erzählstränge miteinander verbindet und außerdem die Gleichzeitigkeit von Brutalität und Edelmut zeigt.
2009 erhielt Dea Loher den Berliner Literaturpreis der Stiftung Preußische Seehandlung. Zugleich wurde die Preisträgerin auf die Heiner-Müller-Gastprofessur für deutschsprachige Poetik an die Freie Universität Berlin berufen. Dea Loher lebt in Berlin.
© internationales literaturfestival berlin
Magazin des Glücks
Verlag der Autoren
Frankfurt/Main, 2002
Unschuld/
Das Leben auf der Praça Roosevelt
Verlag der Autoren
Frankfurt/Main, 2004
Hundskopf
Wallstein
Göttingen, 2005
Das letzte Feuer/
Land ohne Worte
Verlag der Autoren
Frankfurt/Main, 2008
Diebe
Verlag der Autoren
Frankfurt/Main, 2010