Daniele del Giudice
- Italien
- Zu Gast beim ilb: 2005
Daniele del Giudice wurde 1949 in Rom geboren. Während seines Literaturstudiums forschte er zunächst bei Grotowskijs »Theater-Werkstatt« im polnischen Wroclaw, später bei der politischen Bühne »Nuova Scena« um Dario Fo über das avantgardistische Theater. Zudem arbeitete er bei verschiedenen Zeitungen und machte sich als Essayist und Literaturkritiker einen Namen. Sein Romandebüt »Lo stadio di Wimbledon« (1983; dt. »Das Land vom Meer aus gesehen«, 1986) wurde als kraftvolle Erneuerung der Erzähltechnik aufgenommen und war bei Lesern und Kritikern gleichermaßen erfolgreich. Das Werk erzählt vom Schriftsteller Roberto Balzen, der das Schreiben zugunsten des tätigen Lebens aufgibt. Der Roman wurde 2002 von Mathieu Almaric verfilmt.
Del Giudice gilt als bedeutender Vertreter der neuen italienischen Schriftstellergeneration. Seine Werke sind vom Interesse für Wissenschaft, Innovation und den damit einhergehenden Veränderungen im gesellschaftlichen Leben geprägt. Sein zweiter Roman »Atlante Occidentale« (dt. »Der Atlas des Westens«, 1987) handelt von der Wahrnehmungsveränderung, die vom technischen Fortschritt bedingt ist. Die Handlung erzählt von einem jungen Physiker, der am Teilchenbeschleuniger CERN in Genf arbeitet, wo sich Stofflichkeit und Symbolhaftigkeit vermischen und neue Objekte gleichzeitig mit neuen Begriffen entstehen. Der Autor selbst nahm mit Physikern und Mathematikern für mehrere Jahre an einer internationalen Werkstatt am Centro superiore di fisica unter der Leitung von Claudio Magris teil, die sich mit literarischen und Wissenschaftssprachen befasste.
1990 unternahm del Giudice – leidenschaftlicher Pilot und Reisender – eine lange Exkursion in die Antarktis, von der er in seinem Journal »Taccuino Australe« (Ü: Südliches Tagebuch) berichtete. Es wurde im »Corriere della Sera« und in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« in sechs Folgen veröffentlicht. 1993 lehrte er an der École des Hautes Études in Paris über »das Wissen des Piloten«. Auch sein Erzählband »Staccando l’ombra da terra« (dt. »Das Abheben des Schattens vom Boden«, 1997) handelt vom Fliegen. Er versammelt Episoden wie die vom ersten Alleinflug eines jungen Piloten oder vom letzten Flug Saint-Exupérys. Später bearbeitete del Gudice das noch immer ungeklärte Flugzeugunglück von Ustica für die Bühne. 2000 wurde das Werk »I Tigi, Canto per Ustica« (Ü: I Tigi, Lied für Ustica) in Bologna, der damaligen europäischen Kulturhauptstadt, aufgeführt und im Fernsehen übertragen.
Del Giudice trat auch mit Essays über Italo Svevo, Sigmund Freud, Thomas Bernhard, Stefan Zweig, R.L. Stevenson und Primo Levi hervor. Unter den zahlreichen Preisen, mit denen er geehrt wurde, sind der Premio Viareggio, der Premio Internazionale Flaiano und der Premio Feltrinelli Accademia dei Lincei. Der Autor lebt in Venedig und lehrt Theaterwissenschaft an der dortigen Hochschule für Architektur.
© internationales literaturfestival berlin
Das Land vom Meer aus gesehen
Hanser
München, 1986
Übersetzung: Dagmar Leupold
Der Atlas des Westens
Hanser
München, 1987
Übersetzung: Karin Fleischanderl
Nel museo di Reims
Mondadori
Mailand, 1988
Das Abheben des Schattens vom Boden
Hanser
München, 1997
Mania
Einaudi
Turin, 1997
I-Tigi, canto per Ustica
[mit Marco Paolini]
Einaudi
Turin, 2001
Nel segno della parola
[mit Umberto Eco und Gianfranco Ravasi]
Rizzoli
Mailand, 2005
Übersetzer: Karin Fleischanderl, Dagmar Leupold